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Wechselbad der Gefühle

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Nein, ganz an den Nagel gehängt habe ich das Biken noch nicht, auch wenn es bei der ganzen Kletterei den Anschein machen könnte. Was für ein Jahr, so ähnlich fing schon mein letzter Jahresrückblick an und ich kann mich nur wiederhohlen, es war einmal mehr ein Wechselbad der Gefühle. Das neue Jahr fing an wie das alte endete, mit einem weiteren fragwürdigen Lockdown und somit mit der Schliessung sämtlicher Freizeiteinrichtungen. Menschen werden mittlerweile in Klassen unterteilt und zertifiziert, eine sehr bedenkliche Entwicklung. Hätte mir dies jemand vor ein paar Jahren prophezeit, ich hätte ihn für verrückt erklärt und nun ist es traurige Realität. Wir werden durch unsere überforderten Volksvertreter vorsätzlich belogen und der Graben in der Bevölkerung wird immer grösser, die Fronten sind auf beiden Seiten verhärtet und eine sachliche Diskussion ist leider oft nicht mehr möglich. Dabei kann aktuell doch noch keiner sagen was richtig oder falsch ist, es gibt nicht nur schwarz und weiss, in einer Demokratie wie der Schweiz sollten alle Meinungen ihren Platz haben. Ich arbeite seit vielen Jahren in einem grossen Spital und finde es für das Land mit dem teuersten Gesundheitssystem beschämend, dass seit zwei Jahren bei jeder Massnahmenverschärfung die fehlenden Betten als Grund herhalten müssen. Den Pflegenotstand haben ganz allein unsere Politiker zu verschulden und gehören dafür zur Verantwortung gezogen, schliesslich sitzen sie ja zahlreich in den entsprechenden Verwaltungsräten und kassieren dafür fürstliche Honorare. Unser Gesundheitswesen ist seit der Privatisierung zu einem reinen Selbstbedingungsladen verkommen und der Wasserkopf in den Spitälern wurde bis kurz vor dem Platzen aufgeblasen, während an der Basis ständig eingespart wird, HSG lässt grüssen.

Den ganzen Tag in den eigenen vier Wänden im Homeoffice, die Kletterhallen während der kalten Jahreszeit erneut geschlossen und ausser im privaten Raum keine Möglichkeit sich zu treffen. Da hilft nur regelmässig den Kopf durchlüften, damit man nicht vollends durchdreht. Ich nutzte dafür oft die Mittagspause, um ein paar Sonnenstrahlen zu erhaschen und mich körperlich auszupowern. Sei es auf dem Bike oder beim Joggen, diese Momente in der Natur lassen einem den ganzen Frust vergessen. Zum Glück spielte meist auch das Wetter mit und wir konnten schon im Februar erstmals das Sommertenü aus dem Schrank hohlen, zwischen den beiden Fotos liegen gerade einmal sechs Tage.
 
 
Auch als Glücksgriff entpuppte sich das neue Gravelbike, welches ich mir trotz Lieferengpässen im letzten Dezember noch ergattern konnte. Ob auf losem oder asphaltiertem Untergrund, die schnellen Runden damit machen jede Mange Spass und ich habe fast die Hälfte aller Kilometer in diesem Jahr auf ihm zurückgelegt. Mitte April kehrte dann tatsächlich etwas Normalität ein, endlich wieder einmal ein Restaurant besuchen und Bouldern gehen, fast zu schön um wahr zu sein. Da folgte auch schon der nächste Tiefschlag in Form eines Wasserschadens und natürlich genau in dem Zimmer, wo ich im Homeoffice arbeiten musste. Die lärmenden Trocknungsgeräte gaben mir den Rest und ich konnte es kaum erwarten ins Tessin zu flüchten. Dafür hatte ich dann dort den Jackpot gezogen. Eine ganze Woche Sonnenschein, super Trails und Besuch von Familie Ibex, besser geht es kaum.
 
 
Nach dem Saisonstart in der Sonnenstube war ich bereit für den Sommer, aber dieser liess auf sich warten. So einen verregneten Sommer habe ich in meiner ganzen Bikerkarriere glaub noch nie erlebt. So kam es, dass ich den ersten hohen Gipfel erste Mitte August verbuchen konnte, wo ich mich in der Lenk auf die Spuren der Skitourengänger begab. Zu Hause war die Wohnung zwar mittlerweile wieder trocken, aber der Schaden immer noch da und der Ärger mit der Vermieterin immer grösser. Darum intensivierte ich die Suche nach etwas Eigenem und der Zufall wollte es, dass ich in der Nachbargemeinde fündig wurde. Also schnell den Kauf unter Dach und Fach gebracht, bevor der Sommer doch noch vorbeischaute. Pontresina ist mittlerweile zu einem festen Bestandteil in meinem Bikekalender geworden und ich verbrachte einmal mehr ein paar paradiesische Tage im geliebten Engadin.
 
 
Kurz vor Einführung der Zweiklassengesellschaft zog es mich nochmals zu Beat nach Zermatt und es wurde zum krönenden Saisonabschluss. Bikeschleppen vor Traumkulissen und Baden im Gletschersee, ein Wellnessurlaub ganz nach meinem Geschmack und abends noch ein letztes Mal das volle Kulinarikverwöhnprogramm, bevor das Massnahmen-Murmeltier wieder grüsste. Der erste Schnee kam dieses Jahr in den höheren Lagen früh, aber ich war eh mit Zügeln beschäftigt. So beschränkten sich die herbstlichen Biketouren auf die heimischen Jurahügel, welche auch nicht zu verachten sind, wenn im Mittelland der Nebel zäh liegt.
 
 
 
Mein persönliches Highlight des vergangenen Jahres ist definitiv die neue Wohnung, wo ich mich pudelwohl fühle. Sie befindet sich in einem 100-jährigen Bauernhaus am Sonnenhang, verfügt über einen schönen Gartensitzplatz und das wichtigste, sie ist mein. Kein Ärger mehr mit dem Vermieter, mehr Platz bei geringeren Kosten und supernette Nachbarn. Im Nachhinein hatte der Wasserschaden also doch noch etwas Gutes. Nur müsste ich jetzt fast den Blog hier in "Foal-Biking" umbenennen, da der Halbmond im Gemeindewappen nach 44 Jahren nun der Vergangenheit angehört.

Dem Wetter und den anderen Umständen geschuldet, fällt die Leistung auf dem Bik heuer so schlecht aus wie schon lange nicht mehr. Gerade mal 2835 km und 68'200 hm bei 74'300 tm kamen dieses Jahr zusammen. Dafür bin ich fast 700 km gelaufen, denn es traf ein was ich nicht für möglich hielt, das Joggen macht mir richtig Spass. Bei einem kleinen Zeitfenster oder schlechtem Wetter die ideale Möglichkeit um etwas frische Luft zu schnappen und den Kreislauf in Schwung zu bringen. Ansonsten war natürlich auch im vergangene Jahr wieder Klettern das grosse Thema und ich nutzte jede freie Minute um mit Freunden an den heimischen Felswänden zu hängen.

Auch bei den Wünschen für das nächste Jahr kann ich mich nur wiederhohlen, da bis auf die glücklichen Stunden auf dem Bike leider keine in Erfüllung gingen. Ich wünsche uns allen, dass wieder etwas Normalität einkehrt und die aufgerissenen Gräben überwunden werden können. Dass man nachhaltige Lehren aus dem ganzen zieht und dass die Hilfe auch beim kleinen Mann ankommt, diese Hoffnung hingegen habe ich aufgegeben. Leider ging auch während dieser Krise die Schere noch weiter auseinander und es wird weiterhin Wasser gepredigt, während es in der Bundeshauskantine Wein à discrétion gibt.

Bleibt gesund und haltet durch, es wird wieder aufwärts gehen, irgendwann. Ich wünsche Euch allen eine gute Zeit mit euren Liebsten und natürlich viel Spass auf dem Bike, dem besten Gutelaune-Tool überhaupt!
 

7 Comments

  1. Ventoux sagt:

    Hey Sven, merci für diesen super Jahresrückblick, den sportlichen Teil meine ich. Deine Berichte mit den sensationell schönen Fotos machen immer wieder Spass. Da ich ab März nächsten Jahres über alle Zeit der Welt verfüge, hoffe ich, dass wir wieder mal was zusammen unternehmen können, allenfalls eine Frühlingstour in Deinen Gefilden. Ich wünsche Dir eine schöne Zeit und immer festen Halt an den Griffen. Liebe Gruess

    • Sven sagt:

      Hoi Pesche, du Glücklicher, bei mir dauert es leider mindestens noch 20 Jahre bis ich alle Zeit der Welt habe. Bedauerlicherweise kamen auch im vergangenen Jahr die gemeinsamen Touren wieder zu kurz und es würde mich sehr freuen, endlich mal wieder ein paar Trails zusammen unter die Stollen zu nehmen. Bis hoffentlich bald, schöne Festtage und alles Gute in deinem neuen Lebensabschnitt.

  2. ROTSCHER sagt:

    Ich würde mich bei den gemeinsamen Touren anschliessen 😁
    Trotz etwas weniger Touren, gibt es immer ein paar tolle Erlebnisse. Das ging mir auch so. Corona und Beruf haben mir ein sehr mageres Bikejahr beschert. Trotz Frust, Ärger, Stress, Einschränkungen etc. gibt es Lichtblicke. Sei dies die eigenen vier Wände, auf einem Gipfel zu stehen, tolles Wetter zu geniessen, Freunde zu treffen, oder im Privatleben neue Gefühle entdecken 😉
    Ich wünsche dir einen kurzen Winter. Wir werden uns sicher wieder auf dem Bike sehen.

    • Sven sagt:

      Unbedingt, die Touren als wir öfters alle zusammen unterwegs waren vermisse ich 🥲

      Das stimmt, zum Glück gibt es diese Lichtblicke, die braucht der Mensch und wir können uns trotz allem glücklich schätzen hier zu leben, da es anderswo auch nicht besser läuft, im Gegenteil. In dem Sinne wünsch ich Dir einen guten Rutsch in ein hoffentlich fetteres Bikejahr, wieder etwas mehr Zeit im Privatleben und möglichst bald schneefreie Trails.

  3. Michi sagt:

    Sali Sven, alles Gute für 2022, bleib gesund. Nur nie den Mut verlieren, positiv bleiben und auf das Beste hoffen. Ihr lebt dort, wo ich nur einmal im Jahr für eine Woche Urlaub machen kann. Wem geht es also schlechter? 😉 😄 😁 Es grüsst der Michi

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