Es gibt definitiv schlimmere Orte um sein Bike durch die Gegend zu schieben, dieser hier ist ganz nach meinem Geschmack, wild und einsam. Vorbei an kleinen Bächlein welche über die Felsen fliessen, geht es weiter nach vorne zur nächsten Alpe. Ich befinde mich hier immer noch auf über 1700müM und diese Alpe scheint zeitweise noch bewohnt zu werden, etwas unterhalb dieses verfallenen Stalles steht ein neueres Gebäude.
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Alles andere als durchgehend fahrbar, aber trotzdem wunderschön.
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Ein weiterer verfallener Stall auf einer weiteren Alpe.
Die Abschnitte auf dem Bike werden jetzt wieder länger, es muss nur noch ein letzter Geländeeinschnitt durchquert werden, bevor der Weg fast in der Falllinie nach unten geht. Das unwegsame Steilstück ist aber zum Glück nur kurz und führt mich in den Wald, wo der Weg zu einem echt coolen Trail mutiert. Endlich wieder fahren, mein Bikerherz jubelt, war der Weg gerade noch (zu) anspruchsvoll, ist er jetzt für Tessiner Verhältnisse schon fast flowig. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kurve ich durch den Wald und erreiche schliesslich diese schöne Siedlung hoch über dem Valle Maggia.
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Kleine Siedlung hoch über dem Valle Maggia, typisch Tessin.
Ich tanke etwas frisches Wasser nach und weiter geht es im gleich Stiel durch den Wald, vorbei an einer Lichtung mit schönen Steinhäusern, um sogleich erneut in den Wald einzutauchen. Der Trail macht mächtig Spass, kein Wunder nach dem ganzen Geschiebe. Ich bin gerade so schön im Flow, als dieser abrupt gestoppt wird. Diese Kapelle steht hier wohl nicht grundlos, für den weiteren Weg nach unten kann etwas Schutz von oben nicht schaden.
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Etwas Schutz von oben kann nie schaden, bei dem was jetzt kommt.
Kurz hinter der Kapelle beginnt das Treppenstufenmassaker, über gefühlte tausende von Steinstufen geht es den felsigen Steilhang in eine Schlucht hinunter. Ein Teil davon ist für mich fahrbar, aber lange nicht alles. Trotz dem Schutz von oben möchte ich mein Glück nicht zu sehr herausfordern und steige lieber ab, ein Sturz hätte hier unschöne Folgen. Unten in der Schlucht führt eine wunderschöne Steinbrücke über den Bach, dessen kaltes Wasser hier über die glattgeschliffenen Felsen läuft. Ein lauschiges Plätzchen, traumhaft schön, dies denkt sich wohl auch die einheimische Familie, welche hierher von der Hitze im Tal geflohen ist.
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Treppenstufenmassaker und eine schöne Steinbrücke.
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Das Wasser fliesst hier über die glattgeschliffenen Felsen nach unten.
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Und weiter geht die Stufenorgie, bis fast nach ganz unten.
Die Stufen, engen Kehren und sonstige für mich unfahrbaren Stellen ziehen sich weiter nach unten durch, ich verbringe kaum mehr Zeit im Sattel. So langsam macht sich die lange Tour bemerkbar und ich habe keine Lust mehr. Darum nehme ich dann auch nach der nächsten Alpe für die letzten Höhenmeter die Strasse ins Tal. Auf dem Veloweg geht es anschliessend zurück nach Locarno. Dem historischen Funicolare bin ich heute besonders dankbar, es bringt mich ohne Anstrengung hinauf nach Orselina, wo der Pool schon auf mich wartet. Währende dem planschen im kühlen Nass, schaue ich grinsend hoch zur vorübergleitenden Seilbahngondel, mit welcher heute Morgen das Abenteuer begann.
Fazit: Dies war wohl die Tour, auf welcher ich bisher am weitesten neben dem Bike gewandert bin. Sie hat mir deutlich aufgezeigt, wo meine Grenzen bezüglich Fahrtechnik liegen. Trotzdem war es aber ein wunderschöner Tag den ich genossen habe, das Panorama und die wunderbar einsame Bergwelt waren die Anstrengung allemal wert. Ein zweites Mal würde ich die Tour aber so nicht mehr unter die Räder nehmen, dann doch lieber als reine Wanderung.
6 Comments
Schönes Abenteuer – die Gegend ist herrlich!
Wer nichts wagt, gewinnt nichts … heisst es doch so schön. Aber immer gewinnen geht auch nicht 😉
Trotzdem ist so ein Tag ein Erlebnis, ein Abenteuer. Und mit dem richtigen Blick und der richtigen Einstellung unvergesslich schön.
Toller Beitrag und wunderschöne Eindrücke.
Ich geniesse Deine Berichte, Text und Bilder wecken den Reflex die Gegend selber abzufahren.
Entsprechend kann ich nicht nachvollziehen warum Du die Orte und Trails bewusst „verschleierst“.
Das macht es dem Aussenstehenden schwer die konkreten Touren selber zu planen.
Es geht ja nicht drum blind den GPX Tracks nachzufahren, aber die Namen der Gipfel und Passübergänge wären sehr hilfreich damit die Berichte für Ortsunkundige Sinn geben.
Danke.
Hallo Aare
Das freut mich natürlich, wenn ich mit meinen Berichten Emotionen wecken und zum Besuch der schönen Bergwelt animieren kann 😊 Es ist schon etwas fies, das gebe ich dir recht, hier mit all den Bildern gluschtig zu machen und dann mit Informationen zu geizen 😀
Solchen Touren geht meist eine umfangreiche Recherche voraus oder ich kriege Tipps von Bikekollegen. Da möchte man nicht unbedingt, dass die Touren zu stark frequentiert werden oder plötzlich in einem Hochglanzmagazin landen. Meiner Meinung nach gehört die Planungsphase unabdingbar auch zu solchen Bikebergsteigtouren, man setzt sich mit den topografischen Gegebenheiten auseinander und schätzt für einem persönlich ab, was machbar ist und was nicht. Ich möchte nicht schuld sein, wenn sich jemand überschätzt und etwas passiert. Auch darum veröffentliche ich von diesem „speziellen“ Touren keine Tracks.
Wenn man die Blogbeiträge hier genau liest, sollten aber mit einer Karte die meisten Touren nachvollziehbar sein … und sonst einfach fragen, ich beisse nicht 😉
Liebe Grüsse & happy Trails
Sven
Ja eigene Recherche und Einschätzung ist unbedingt nötig, gehört zum „Vorspiel“ und Teil der Vorfreude und entsprechend erwarte ich auch keine GPX.
Aber es muss ja nicht gleich in eine Detektivaufgabe ausarten.
Da machen es einem andere Blog’s etwas einfacher.
Ich stellte mir nur die Frage, warum die Posts geschrieben werden, wenn der Trail geheim bleiben soll.
Anyway, Dein Blog, Deine Regeln.
Liebe Grüsse und weiterhin viele schöne Trailabenteuer
Aare
Hehe, cooler Vergleich 😎 im Winter das lange Vorspiel bei der Planung, der anstrengende Akt beim Aufstieg und der Höhepunkt auf dem Gipfel und in der Abfahrt 🤣
Dieser Blog ist quasi mein Biketagebuch, welches ich gerne mit Familie, Freunden und Interessierten teile. Hier kann ich mit dem Biken und Fotografieren zwei meiner Liebsten Hobbies verbinden und wie es bei einem Tagebuch üblich ist, versuche ich das Erlebte in Worten festzuhalten, da sind Gipfelnamen nicht so wichtig 😉