Ich hatte den Gipfel ganz für mich allein, einer dieser unbeschreiblichen Momente von Freiheit und Glück, alle Alltagsprobleme sind plötzlich ganz weit weg. Die tibetischen Fähnchen am Kreuz passten da wunderbar dazu, Himalaya-Feeling am Lago di Maggiore.
-
-
Himalaya-Feeling im Tessin.
Ich konnte mich kaum mehr losreisen von diesem wunderschönen Ort, machte mich aber dann irgendwann doch auf den Rückweg zur Hütte. Für den Abstieg wählte ich die einfachere Route, welche auch mit dem Bike auf dem Rücken zu bewältigen wäre. Das Steinhäuschen auf dem Vorgipfel ist übrigends keine Kapelle sondern eine Niederschlagsmessstation, wo die Jahresniederschlagsmenge gemessen wird.
-
-
Niederschlagsmessstation auf dem Vorgipfel.
Zurück bei der Hütte nahm ich mein Bike wieder in Empfang, gönnte mir Kaffee und Kuchen und plauderte noch etwas mit den Hüttenwarten, welche ursprünglich wie ich aus der Nordwestschweiz kommen. Ein negatives Erlebnis mit einer Gruppe deutscher Touristen gab es leider auch noch. Diese kamen bei der Hütte an, nahmen einen Grossteil der Plätze in Anspruch und packten ohne zu fragen ihr Picknick aus. Der Hüttenwart fragte dann freundlich ob sie was zu trinken wollen. Wollten sie nicht, nur der einte hätte gerne ein alkoholfreies Weizen gehabt und wunderte sich, warum hier oben sowas nicht angeboten wird. Da lüpfte es dem Hüttenwart den Hut und er empfahl ihnen doch lieber ausserhalb des Hüttengeländes Platz zu nehmen. Dort packten sie dann ihre Drohnen aus und störten mit den lästigen Dingern die Ruhe, Leute gibts.
-
-
Beste Panoramaabfahrt im Tessin.
Schliesslich startete ich in die Abfahrt, welche wie erwartet super war. Mit Blick auf den Lago di Maggiore ging es auf dem Wanderweg talwärts und bis auf ein paar enge Spitzkehren war alles fahrbar, die beste Panoramaabfahrt welche ich im Tessin je unter den Rädern hatte. Fotos davon gibt es kaum, da einfach zu gut um immer wieder anzuhalten. Dies ist das Schöne am Biken, da macht im Gegensatz zum Wandern auch der Abstieg Spass. Nach etwa der Hälfte tauchte ich dann wieder in den Wald ein und der Spass ging weiter, insgesamt fast 800 Höhenmeter feinste Trails. Die anschliessende Querung zurück durch das raue Tal bot da gerade etwas Entspannung, in dieser Richtung war mehr fahrbar als morgens auf dem Hinweg. Kurz darauf war ich wieder an dem Punkt, wo ich am Morgen die Strasse verlassen hatte. Auf dieser zurück wäre aber ja langweilig gewesen, also nochmals etwas aufwärts, wo ich wieder auf den Brunnen traf, welcher mich am Montag vor dem Verdursten rettete.
-
-
Zwischenhalt auf dem Weg zum See runter.
Ich querte den Hang weiter aufwärts, bis ich zu einer kleinen Lichtung kam. Ab hier ging es dann für die nächsten 800 Höhenmeter nur noch abwärts. Der Weg musste anfangs zwischen den Farnen und Gräsern gesucht werden, wirklich oft wird er wohl nicht begannen. Ich kam zu nächsten Weiler mit Steinhäusern, aber noch lange nichts mit Pianissimo, der Fahrer wurde nochmals gefordert, typisch fürs Tessin blieb es bis fast an den See runter anspruchsvoll.
-
-
Weg suchen zwischen den Farnen und Gräsern.
-
-
Die letzten Downhillmeter der Tour.
-
-
Über die Brücke zurück in die Zivilisation.
Ein Hammertour, besser hätte die Woche im Tessin nicht enden können. Abends genoss ich zum letzten Mal das Panorama bei Nacht, all die Berge ringsherum zeichneten sich wunderschön als Silhouetten in der Dämmerung ab. Einen Grossteil der befahrenen Gipfel konnte ich von hier aus sehen und fuhr die Touren in Gedanken nochmals ab. Zu den letzten Glockenlängen von High-Hopes schloss ich dann meine Augen und versank in süsse Träume von endlosen Ticinotrails.
6 Comments
Wow, Hammer !!! Einfach umwerfend dieses Panorama. Die schönsten Orte sind effektiv nur mit viel Muskelkraft und Schweiss erreichbar, recht so 😁
Wäre dein Abstieg vom Gipfel eigentlich fahrbar? Ich nehme eben am liebsten das Bike immer mit auf den Berg 😉
Danke für den tollen Beitrag.
Eher nicht, auch da hätte das Bike bei mir die meiste Zeit auf dem Rücken verbracht, alles S3 und S4. Das Bike ganz rauf mitzunehmen macht IMO nur Sinn, wenn man den Gipfel von der anderen Seite her überschreiten möchte.
Tolle Tour.
Da kommen ein paar melancholische Anklänge rüber … 😉
Aber das darf nach einer solch schönen Bikewoche sein. Leider holt uns der Alltag viel zu schnell aus den Erinnerungen.
Andererseits lassen Erinnerungen, wenn sie zu stark sind, den Blick auf Neues oft im Nebel.
Grande Croce Rossa … ohne Dich wäre der Gipfel mir wohl noch lange ein Unbekannter geblieben.
Mille grazie!
Oh ja, Melancholie pur, als ich am Samstagmorgen vor der Rückfahrt den letzten Kaffee in meinem kleinen Paradies trank. Starke Erinnerungen kann einem aber auch niemand mehr nehmen, im Gegensatz zu allen anderen Dingen 😉
Hammerbilder! Von welcher Ortschaft in Italien ist der Gipfel erreichbar?
Du siehst sie auf dem ersten Bild rechts aussen, die erste grössere nach der Grenze 😉