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Glacier d’Arolla

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Nach der gestrigen Schleppertour über den Col de Riedmatten gehe ich es heute etwas gemütlicher an, es steht ausnahmsweise einmal kein hoher Gipfel oder Pass auf dem Programm. Ich möchte einfach ein bisschen die schöne Gletscherwelt geniessen, eine Genuss-Explorertour im hintersten Winkel des Arollatals sozusagen. Ich starte wieder beim Hotel Mont Collon und fahre auf dem Kraftwerkssträssche der Borgne d'Arolla entlang bis zur Wasserfassung. Jetzt beginnt der Aufstieg aus dem Gletscherbett des Bas Glacier d'Arolla, welches an der Abbruchkante mit wunderbaren Sandstrukturen das Auge zu begeistern weiss. Beim Blick in Richtung Arolla kann ich die Sternstunde und die Roten Nadeln sehen, wo ich gestern unterwegs war.
 
 
Nachdem die ersten paar hundert Höhenmeter noch schiebend zurückgelegt werden konnten, wird es jetzt steiler und das Bike wechselt auf die Schultern. Mit der Alphütte auf der Plans de Bertol ist der höchste Punkt erreicht und das erste Päuschen fällig. Beim Blick nach oben kann ich die Cabane de Bertol erkennen, welche dort auf einem Fels über dem Col de Bertol thront. Der Weg über die Moräne sieht zwar verlockend aus, aber den spare ich mir lieber für eine Bike&Hike Tour zu einem späteren Zeitpunkt auf.
 
 
Als kleines Schmankerl zwischendurch, folgt nun die Abfahrt zur Liegewiese des Haut Glacier d'Arolla. Von dem Eisreisen ist aber noch nichts in Sicht, denn wie all seine Kollegen hat er sich bereits weit zurückgezogen, da er im Gegensatz zu mir das warme Wetter nicht so mag. Zurückgelassen hat er eine tiefen Einschnitt im Felsgestein, worin ich mir winzig klein vorkomme. Dem Schmelzwasser entlang fahre ich weiter nach hinten, bis endlich Schnee und Eis in Sicht kommt.
 
 
Die Bezeichnung Gletscherzunge bekommt hier eine ganz neue Bedeutung, spitz zulaufend wie ein riesengrosser Lälli aus Eis liegt sie vor mir. Das Weiterkommen ist mittlerweile recht mühsam, ein Weg ist nicht mehr erkennbar und ich muss immer wieder über grosse Steinbrocken klettern. Da mach ich es mir doch lieber in der Sonne auf einem grossen Findling gemütlich, anstatt mich weiter vorwärts zu quälen. Die Landesgrenze ist nicht mehr weit, über den Col de Collon gelangt man ins Aostatal und ich hatte zuerst noch mit dem Gedanken gespielt, soweit wie möglich zu dem Pass aufzusteigen. Nach dem gestrigen Tag lass ich dies aber lieber sein und gönne mir eine ausgiebige Pause an diesem schönen Ort. Der Bischof und die Jungfrau wachen über den Aufstieg zum Col de Collon und die gebrannte Crème präsentiert sich ausnahmsweise einmal mit schneeweisser anstatt karamellisierter Zuckerhaube, einfach herrlich.
 
 
Während ich so dasitze, beobachte ich einen Wanderer, der mit Steigeisen und Eispickel bewaffnet die Gletscherzunge besteigt. Ich frage mich, ob dies mit dem Bike auf den Rücken gut gehen würde. Besser hält man sich wohl seitlich und wechselt erst weiter oben auf das Eis, wo die Gletscherzunge flacher ist. Der Weg ist auf der Karte nicht umsonst nur gepunktet eingezeichnet, die Gegebenheiten ändern sich hier ständig. Nachdem der Proviant aufgegessen und der Solarenergiespeicher aufgeladen ist, mache ich mich auf den Rückweg durch die grosse Spielwiese aus Stein.
 
 
Nach dem rollen durch das flache Gletscherbett, steht der kurze Anstieg zur Plans de Bertol an. Kein Problem, die Akkus sind ja jetzt wieder aufgeladen und ringsherum diese eindrucksvolle Welt aus Eis. Der Glacier du Mont Collon fliesst hier wie zähflüssiger Honig über den schwarzen Fels, wo er sich einst 600 Höhenmeter tiefer mit dem soeben besuchten Haut Glacier d'Arolla vereinte. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein bildeten die beiden Gletscher ein zusammenhängendes System, welches während seiner grössten Ausdehnung bis zum heutigen Arolla reichte.
 
 
Bei der Alphütte auf der Plans de Bertol lege ich mich nochmals etwas in die Sonne, ist ja schliesslich ein Genuss-Explorertour heute. Von der Cabane de Bertol her stossen ein paar Wanderer dazu und ich frage sie, ob sich der Aufstieg mit dem Bike lohne. Wie erwartet wäre der Weg über die Moräne fahrbar, aber der Rest eine eher wenig lohnenswerte Kraxelei. Umso lohnenswerter ist dafür die mir nun bevorstehende Abfahrt, da freue ich mich schon seit heute Morgen drauf.
 
 
Die Abfahrt hinunter zur Borgne d'Arolla ist ein Träumchen, der Weg ist wie eine Murmelbahn angelegt und ich fühle mich wie eine der farbigen Glaskugeln, während ich talwärts rolle. Andernorts werden solche Flowtrails künstlich angelegt und sind meist steril und langweilig. Da bevorzuge ich solch naturbelassenen Varianten, wo auch mal ein grosser Stein im Weg liegt und zur Abwechslung eine enge Spitzkehre gemeistert werden muss.
 
 
Zurück in Arolla schnell das Bike ins Auto verladen und retour in die Ferienwohnung, wo ein kühles Sierrvoise auf mich wartet. Das Abendessen wird von einem wunderschönen Wolkenfarbenspiel begleitet, welches leider aber auch das Ende der Schönwetterphase mit wolkenlosem Himmel einläutet. Die beiden letzten Tage waren phänomenal, weisse Gletscher vor strahlend blauem Himmel, das ist der Stoff aus dem Träume sind. Die Seitentäler des Wallis haben so viel zu bieten, vor allem ganz hinten, wo fernab der grossen Massen die hohen Gipfel zum Greifen nah sind.
 

2 Comments

  1. IBEX73 sagt:

    Sven,Du machst mich fertig…..sicher weisst Du,was für Emotionen Dein saugeilstes,erstes Bild in mir weckt!!!

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