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Mont Avril

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Am letzten Tag in Lourtier geht es hoch hinaus, mit dem Mont Avril steht heute der zweithöchste Gipfel der Saison auf dem Programm. Auch beim Morgenessen benehmen sich die Inselaffen daneben, der Hotelier und ich schütteln nur den Kopf und sind froh als diese endlich abreisen. Ich lade das Bike ins Auto und fahre durch die malerischen Dörfchen weiter das Val de Bagnes hinauf. Unterwegs nehme ich noch einen italienischen Anhalter mit, der das gleiche Ziel hat. Je weiter man das Tal hinaufkommen desto schmaler wird es, bis man schliesslich vor der riesigen Staumauer stehen. Der Lac de Mauvoisin ist der zweitgrösste Stausee der Schweiz und besitzt mit 250m die höchste Bogenstaumauer in Europa. Ich parkiere das Auto, schwinge mich in den Sattel und mach mich auf den Weg zur Mauerkrone hoch. Plötzlich verschwindet die Strasse im Berg, die Felswände am Ufer des Sees sind so steil, dass für den Weg kein Platz mehr bleibt. Ich fühle mich fast etwas wie ein Bergmann, es ist kühl hier drinnen, das Wasser tropft von der rohen Stollendecke und durch die Öffnungen kann man immer mal wieder einen Blick auf den Stausee erhaschen.
 
 
Die Augen haben sich schon an die Dunkelheit gewöhnt und ich werde regelrecht erleuchtet, als ich wieder aus dem Tunnel trete. Die Sonne strahlt vom (noch) wolkenlosen Himmel und ich rolle auf dem breiten Weg dem See entlang. Zu dieser Jahreszeit ist der Stausee proppenvoll, der heisse Sommer hat den Schnee in Rekordzeit schmelzen lassen. Der Lac de Mauvoisin ist fast 5km lang und der Uferweg scheint bei Wanderern und E-Bikern gleichermassen beliebt zu sein. Schliesslich habe ich das Ende des Sees erreicht und folge weiter der Alpstrasse, welche schon bald steiler wird.
 
 
Der Stausee wird immer kleiner und darüber kann ich den vergletscherten Tournelon Blanc erkennen, welchen ich schon am ersten Tag vom Glacier de Corbassière aus sah. Später verlasse ich die Alpstrasse, überquere die Dranse de Bagnes und der lange Aufstieg zum Fenêtre de Durand beginnt. Die gemütliche Radtour ist damit zu Ende und ich gehe zum Schieben über. Weiter oben wird es dann wieder etwas flacher und ich kann ein Stückweit fahren, bevor ich die letzten Meter zum Fenster in Angriff nehme.
 
 
Das Fenêtre de Durand liegt auf der italienisch-schweizerischen Grenze und ist ein wichtiger Übergang vom Val de Bagnes ins Aostatal, welcher schont seit Jahrhunderten genutzt wird. Heute ist er vor allem bei Mountainbikern beliebt, da hier eine Transalproute durchführt. Den einzigen Bikern welchen ich hier oben begegne sind dann auch zwei Transalper, welche hier den höchsten Punkt erreicht haben. Ich plaudere etwas mit ihnen während ich mich mit einem Riegel stärke, denn für mich geht es noch weiter aufwärts.
 
 
Beim Blick auf die Schweizer Seite sticht einem die Pointe d'Otemma ins Auge und über dem gleichnamigen Gletscher kann ich in der Ferne den Dent Blanche erkennen. Auf der Italienischen Seite blicke ich auf den Lac Fenêtre hinunter und sehe, dass der Trail schon bald in einen breiten Weg übergeht. Da scheint mir die Abfahrt auf der helvetischen Seite um einiges attraktiver zu sein. Beim Blick auf die Seite erhebt sich der Mont Avril vor mir, da möchte ich hinauf.
 
 
Der Aprilberg ist ein steiler fieser Schutthaufen, der einem die letzten Kräfte raubt. Zwei Schritte nach vorne und wieder einen zurück, ich kämpfe mich mit dem Bike auf dem Rücken den steilen Weg hinauf und er scheint kein Ende zu nehmen. Oben angekommen entschädigt dann aber die Aussicht für all die Strapazen, der Blick auf das Grand Combin Massiv und in die Gletscherarena ist überwältigend. Wie auf einem überhängenden Balkon stehe ich hier hoch über den Eisströmen und fühle mich wie der König der Welt.
 
 
Mit dem Combin de Grafeneire und Combin de la Tsessette sind zwei der drei Hauptgipfel zum Greifen nah, nur der dritte Versteckt sich hinter seinem grösseren Bruder. Von den beiden grossen Gipfeln hängt ein kleiner Gipfeligletscher (Glacier du Croissant) herunter, welcher sich später mit dem Glacier du Mont Durand zum grossen Eisstrom vereint. Auf der mir abgewandten Nordseite des Massives erstreckt sich der Glacier de Corbassière, welchem ich ja schon zwei Tage zuvor einen Besuch abgestattet habe.
 
 
Wenn ich den Blick weiter nach rechts schweifen lasse, sehe ich weit unten den Lac de Mauvoisin und darüber in den Wolken den Pleureur, die Ruinette und den Mont Blanc de Cheilon, mit welchen ich auf meiner gestrigen Tour auch schon Blickkontakt hatte. Der Pigne d’Arolla ist gerade wolkenfrei und auch der Weisse Zahn ist unverkennbar, das Matterhorn hingegen versteckt sich in den Wolken. Wie so oft in diesem Sommer startete ich bei strahlend blauem Himmel und wenn ich dann den Gipfel erreicht habe, ziehen pünktlich Wolken auf.
 
 
Wenn die Sonne hinter den Wolken verschwindet wird es schlagartig kühl hier oben auf 3347müM. Ich mache mich darum schon bald wieder an die Abfahrt, nachdem ich einen Happen gegessen habe. Diese ist technisch nicht so anspruchsvoll, einfach sackesteil aber auch sackegeil, Schottersurfen auf über 3000müM. Auf der steinigen Welle reite ich zum Fenêtre de Durand hinunter und bekomme so den Übergang aus einer für Normalobiker eher ungewohnten Perspektive zu Gesicht.
 
 
Die weitere Abfahrt gestaltet sich spassig, mit viel Flow geht es dem ehemaligen Bett des Glacier de Fenêtre entlang. Da verpassen die Transalper definitiv etwas, wenn sie das Bike hier nur hinaufschieben und dann auf der anderen Seite nach Italien abfahren. Ich bin ja sonst nicht so ein Fan von Touren wo der Aufstieg und die Abfahrt auf der gleichen Route erfolgt, aber hier passt es, die Aussicht vom Mont Avril entschädigt für diesen Umstand.
 
 
Das letzte Stück bis zur Alp Grand Charmotane wird dann nochmals etwas anspruchsvoller, bevor es auf dem Uferweg wieder dem Stausee entlang zurückgeht. Zuerst hatte ich mir überlegt noch eine Zusatzschlaufe zur Cabane de Chanrion anzuhängen, lasse es dann aber doch sein, da die Zeit schon recht fortgeschritten ist.
 
 
Wenn das Auto nicht unten an der Staumauer stehen würde, könnte ich bis Lourtier noch ein paar weitere Trails mitnehmen. So lade ich das Bike halt wieder ins Auto und fahre zurück ins Hotel, wo schon der Whirlpool auf mich wartet. Die drei Tage im Val de Bagnes waren super und ich komme bestimmt wieder. Das Tal hat einen ganz speziellen Charme und es warten noch ein paar Touren auf mich, welche ich unbedingt unter die Räder nehmen möchte. Das gefällt mir so an den Walliser Seitentälern, jedes hat seinen eigenen Charakter und ist wie eine kleine Welt für sich, die es zu entdecken gibt. Ich freue mich schon auf den Sommer, dann kann ich endlich wieder im Wallis auf Entdeckertour gehen.
 

Gesamtstrecke: 32.97 km
Maximale Höhe: 3345 m
Minimale Höhe: 1854 m
Gesamtanstieg: 1888 m
Gesamtabstieg: -1880 m
Total time: 06:38:04

2 Comments

  1. IBEX73 sagt:

    Schlechtes Wasser,ein Fenster und der April im September: Einfach nur schön!! Hast keine Bilder nach Süden gemacht? Hatte den April das eine oder andre mal im Blick….

    • Sven sagt:

      Oui, très magnifique 👌 ist mir auch erst beim Sichten der Fotos aufgefallen, dass ich anscheinend verpeilt hatte welche gegen Süden zu schiessen. War wohl zu geflasht vom Anblick der grossen vereisten Kombination 😄

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