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Oberland Bernois Valais

Logenplatz über der Riviera
24. Juli 2020
Lötschenpass
12. August 2020
Logenplatz über der Riviera
24. Juli 2020
Lötschenpass
12. August 2020
 
Letzten Sommer fragte mich Michi an, ob ich gerne mit ihm zusammen eine Zweitagestour vom Berner Oberland ins Wallis und wieder zurück machen möchte. Leider kam es in den wenigen Ferientagen wo Michi in der Schweiz weilte dann doch nicht mehr dazu. Mir ging die Tour aber nicht mehr aus dem Kopf und so startete ich am letzten Wochenende in der Lenk alleine auf die kantonsüberschreitende Runde. Die ersten Höhenmeter gehen dank der Gondelbahn ohne grosse Anstrengung von statten und ich genehmige mir auf dem Betelberg erstmal einen Kaffee bevor ich in die Pedale trete. Mit frisch aufgefülltem Koffeinspeicher folge ich dem Iffigsee Ride-Türchen, welches mich durch die idyllische Berneroberländer Landschaft zum Tungelpass führt. Mit dem Bike auf dem Rücken geht es anschliessend den steilen Anstieg hinauf und hier kommen mir dann auch schon die ersten Wanderer entgegen, welche in der Hütte übernachtet haben und jetzt auf dem Weg zu dem von Span besungenen Lauenensee sind.
 
 
Oben auf dem Stigelschafberg eröffnet sich mir der Blick auf den Iffigsee, welcher da wunderschön in einer Mulde türkisgrün vor sich hin schimmert. Hier verlasse ich den offiziellen Track und schlage den Weg durch den schottrigen Hang ein. Anfangs noch schön fahrbar, wird der Pfad für das Zweirad immer unwegsamer und bringt mich schliesslich zu der SAC-Hütte, welche da seit 1929 am Nordfuss des Wildhornes steht.
 
 
Auch wenn es erst halb zwölf Uhr ist und ich noch nicht wirklich viel Weg zurückgelegt habe, Platz für etwas Währschaftes ist immer im Bauch, die Kalorien werden nachher ruckzuck wieder verbrannt. Ich bestelle mir eine Käseschnitte mit Speck und Spiegelei, die schmeckt in der Sonne auf der Terrasse superfein. Als ich wieder aufbrechen will, wünschen mir die anderen Gäste eine gute Abfahrt. Aber weit gefehlt, zuerst geht es noch weiter hinauf.
 
 
Hinter der Hütte wird die Landschaft immer prächtiger, auf der Seitenmoräne reihen sich Wanderer auf und die Steine ringsherum sind glattgeschliffen von den Eismassen die hier einst zu Tale flossen. Das erste Mal so richtig hoch hinaus nach der Winterpause ist immer am schönsten, wie habe ich dies vermisst, die Hochgebirgslandschaft aus Stein und Eis lässt mein Herz augenblicklich höherschlagen.
 
 
Während ich so neben dem Gletscher durch die Steinlandschaft wandere, bereue ich schon etwas, nicht in der Gegenrichtung unterwegs zu sein. Der Wanderweg wäre abwärts ein Träumchen und bis zur Hütte komplett fahrbar. Dafür habe ich im Schritttempo mehr Zeit um die hochalpine Landschaft zu geniessen und die kleinen Punkte zu beobachten, welche sich auf der weissen Gletscheroberfläche bewegen.
 
 
Schon bald darauf kommt das Joch in Sicht, welches zugleich auch die Grenze zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis darstellt. Oben am höchsten Punkt gibt es ein kleines Päuschen und ein Schwätzchen mit Mutter und Sohn aus Lauenen, welche die gleiche Tour wie ich zu Fuss absolvieren. Das Joch gilt als eine der wichtigsten archäologischen Fundstätten im europäischen Hochgebirge und wurde schon vor über 6500 Jahren in der Jungsteinzeit als Passübergang genutzt.
 
 
Auf der Walliser Seite hat es wider meinen Erwartungen doch noch grössere Schneefelder, macht aber nichts, sowas gehört zu einer richtigen Hochtour dazu. Mal abgesehen von den Schneeresten ist der Trail durch den Schotterhang super zu fahren und der Tiefblick auf die beiden Seen phänomenal. Der obere See ist natürlich entstanden und eingerahmt von feinstem Gletscherschliff, das Paradies für solche Steinfetischisten wie mich.
 
 
Der Untere See wurde zwecks Stromgewinnung durch Menschenhand erschaffen und die von Michi geplante Route würde mich zu ihm hinunterführen. Um mir die 600 Höhenmeter Gegenanstieg zu ersparen halte ich mich aber links und probiere die Querung aus, wie sich schon bald herausstellen wird ein Fehler. Was auf der Karte noch gut aussah, entpuppt sich in Wirklichkeit als ein einzig grosses Karststeinfeld wo kein Meter fahrbar ist.
 
 
Für das Auge wunderschön, kostet die steinige Fläche mit den tiefen Furchen jede Menge Zeit und Kraft. Wie war dies nochmals mit dem Steinfetischismus? Schon bald verfluche ich meinen Entscheid und hätte lieber die zusätzlichen Höhenmeter in Kauf genommen, vor allem auch, weil der Trail zum Stausee hinunter ganz gut aussah. Irgendwann ist aber auch die schlimmste Plackerei vorbei und ich kann gemütlich dem Rawilpass entgegen pedalieren. Vor ziemlich genau vier Jahren waren wir hier in der Gegenrichtung auf unserer Plaine-Morte Schneetour unterwegs.
 
 
Wenig später erreiche ich dann auch schon den Rawilpass und betrete nach dem kurzen Abstecher ins Wallis wieder Berner Boden. Hier treffe ich erneut auf die Mutter mit ihrem Sohn und während diese weitermarschieren, stärke ich mich vor der letzten Abfahrt noch schnell mit einem Biberli. Lange fällt die Pause aber nicht aus, zu gross ist der Drang endlich in den Downhill zu starten. Das Finale in die Lenk hinunter übertrifft meine Erwartungen, vom Anfang bis zum Ende einfach top. Es startet mit einer Partie Schottersurfen in den Ausläufern des Mittaghores und vorbei an ein paar fast ausgetrockneten Tümpeln, bis die Pastelltöne der Steine langsam den grünen Alpwiesen weichen.
 
 
Weiter unten treffe ich wieder auf die die Mutter mit ihrem Sohn und bekomme noch einen Insidertipp für einen nahen Gipfel, der mit dem Bike machbar sein müsste. Anhand der Karte zweifelte ich, ob das Steilstück oberhalb der Iffigenalp fahrbar sein würde. Letztes Jahr bin ich ja etwas weiter drüben zum Wildstrubel aufgestiegen und da war in dem Steilstück für mich vieles nicht fahrbar. Hier ist es aber ganz anders, der Trail ist eine echte Perle und komplett fahrbar bis hinunter zur Iffigenalp. Dort ist aber noch lange nicht Schluss, durch den Wald und vorbei ein Wasserfällen geht der Trailspass weiter bis kurz vor der Lenk.
 
 
In der Elk-Bar gibt es dann wie schon nach dem Wildstrubel das verdiente Tourabschlussbierchen, bevor ich das Bike wieder ins Auto verlade und zu Leo Leonis Gitarrengriffen nach Hause düse. Die Grenzüberschreitende Tour war super, schade konntest du nicht dabei sein Michi. Danke für die Inspiration dazu und vieleicht ergibt sich ja anderweitig einmal eine gemeinsame Tour, würde mich freuen. Das Berneroberland hat mich jedenfalls einmal mehr überrascht, da gibt es noch so vieles zu entdecken.
 

10 Comments

  1. Michael Mücker sagt:

    Hach wie schön. Es ist immer schwierig, jemandem Touren zu empfehlen, den man nicht persönlich kennt, erst recht nicht, wenn man von einer Tour wie dieser selbst erst ein Siebtel selbst gefahren ist. Umso schöner, dass es hier voll gepasst hat. Für den Karstabstecher kann ich zum Glück nichts ;o) Vom Joch zur Hütte abzufahren hiesse aber entweder vom Stausee hoch zu laufen oder von der strubeligen Hütte aus wieder das Karstgebiet zu queren. Oder in der Aufstiegshütte übernachten, morgens aufs Joch und dann zum Iffigsee hinab. Wie auch immer … ein schöner Bericht mit tollen Bildern. Für mich geht es am 14.08. los mit meinem Traumtourlaub im Wallis.

    • Sven sagt:

      Hehe ja, die Karstquerung habe ich mir selbst zuzuschreiben und der Rest hat mehr als gepasst 👍 … mal schauen, vielleicht lässt sich ja der Teil vom Joch bis zur leckeren Käseschnitte in der Hütte irgendwie anderweitig in eine Tour einbauen. Wünsche Dir viel Spass auf den Walliser Trails.

  2. ROTSCHER sagt:

    Coole Tour, so richtig experimentell 😁 … das inspiriert ja zur Nachahmung. Ein Aufenthalt in der Lenk steht eben auch auf meiner ToDo-Liste.
    Weiter so …

    • Sven sagt:

      Ja, von der Lenk aus gibt es ein paar schöne (Tor)T(o)uren 😆 gib doch Bescheid, denn ich habe da ja noch so einen Insidergipfeltipp bekommen 😉

  3. Marcel sagt:

    Danke für all deine interessanten und toll bebilderten Berichte. Es freut mich besonders, wenn du aus meiner Heimatregion berichtest, deren Qualitäten du ja offensichtlich erkannt hast 👍
    Ich kann deine Vermutung bestätigen: Die Abfahrt vom Joch hinunter zur Hütte und weiter auf die Iffigenalp ist wirklich top. Einzig in der Hinterlassenschaft des Tungelgletschers etwas unter dem Joch muss man für einige kurze Stellen absteigen. Anlass zu Flüchen geben auch in dieser Richtung die Karstfelder, aber wenigstens geht’s hinauf…
    Wünsche dir weiterhin viel Spass auf deinen Touren!

    • Sven sagt:

      Hoi Marcel, merci für das Feedback. Deine Heimatregion hat in der Tat so einiges zu bieten, nur sind wir Biker leider im Berneroberland nicht überall willkommen. Jaja der liebe Karst 😄 schön anzusehen aber mühsam zu begehen, wobei es aufwärts definitiv etwas angenehmer gewesen wäre. Auch Dir weiterhin viel Spass auf den Trails und Grüsse aus der Nordwestschweiz.

  4. Peter Allenbach sagt:

    Hallo Sven, es freut mich zu lesen, dass Du über das Joch gegangen bist. Das habe ich vor 2 Jahren gemacht, um diesen geschichtsträchtigen Ort zu erleben. Ich fuhr dann hinunter zum Lac Tseusier. Das heisst ich konnte nicht alles fahren, weil zu verblockt. Dafür weiter unten ein neverending Trail bis Sion.
    Den Rawilpass Richtung Lenk würde ich gerne mal machen. Was Dir auch gefallen könnte ist von Crans Montana hoch zur Plaine Morte und dann über diese auf den Wildstrubel.
    Im August kann man gut über den Gletscher fahren. Es sind dann nur noch 400 hm auf den Strubel. Abfahrt in die Lenk. Vom Fluheseeli hinunter habe ich mehr geschoben als gefahren.

    • Sven sagt:

      Hoi Peter, herzlichen Dank für dein Feedback und schön zu hören, dass es noch andere Verrückte gibt, die das Joch schon mit dem Bike überschritten haben. Ich habe erst im Nachhinein bei den Recherchen zu diesen Beitrag erfahren, was für einen geschichtsträchtigen Hintergrund dieser Übergang hat.

      Den neverending Trail bis Sion durfte ich auch schon geniessen, als wir die klassische Plain-Morte Tour fuhren. Über den Gletscher getraute ich mich dann aber doch nicht und nahm den wilden Strubel von der Lenk her in Angriff.

  5. Marcel sagt:

    So, ich habe das schnittige Joch nun in beide Richtungen überschritten. Die Abfahrt an die Lenk habe ich schon früher gemacht und war begeistert, gestern bin ich nun hier aufgestiegen und dann hinunter zum Lac de Tzeusier (und weiter nach Sion) gefahren. Die Abfahrt vom Lac de Téné zum Stausee hinunter ist mehr oder weniger ein Geknorze: Der anhaltend steile und immer wieder stark verblockte schmale Pfad zwingt immer wieder und zum Teil über längere Abschnitte zum Absteigen. Auch mir als „Nicht-Flowfanatiker“ war das zuwenig Fahrspass. Zudem weist der Abschnitt oberhalb des Lac de Téné in meinen Augen eine nicht zu unterschätzende Absturzgefahr auf.
    Meine favorisierte Route ist eindeutig: Aufstieg von der Lenk auf den Rawyl, beim Plan des Roses dann rechts hochtraversieren und dann die tolle Abfahrt ins Iffigtal. Insgesamt ist dies mit einer stattlichen Anzahl an Höhenmetern mit Schieben und Tragen verbunden, weshalb die Tour nicht jedermanns Sache sein wird. Macht nichts.
    (Wer keine Rundtour machen will, kann natürlich auch von Montana her auf den Rawyl.)

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