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Chamanna da Tschierva

Lej da la Tscheppa
27. April 2023
Piz la Stretta
29. Mai 2023
Lej da la Tscheppa
27. April 2023
Piz la Stretta
29. Mai 2023
 

Zweiter Tag in Pontresina und für heute ist Prachtwetter angesagt, das schreit doch nach einer Genusstour in meinem Lieblingstal dem Val Roseg. Als ich los radle ist es noch empfindlich frisch und der Frost auf den Wiesen glitzert in der Morgensonne. So in den Tag zu starten ist einfach herrlich und schon bald darauf lädt die noch leere Sonnenterrasse des Restaurants Roseg Gletscher zu einer ersten Pause ein. Hier gibt es einen Kaffee mit Schöggeli und Blick auf die schneebedeckte Sellagruppe.

 

 

Ich überquere die Ova da Roseg und betrete den wunderbar duftenden Lärchenwald. Schon bald lichtet sich dieser aber wieder und gibt den Blick frei auf die gewaltigen Seitenmoränen des Tschiervagletschers. Weit oben kann ich die Coazhütte erkennen, welche dort auf einem Felssporn unterhalb des Piz Glüschaint steht. Es ist nun schon drei Jahre her, seit ich ihr mit dem Bike einen Besuch abgestattet habe. Damals überraschte mich ein Gewitter, dies kann mir heute zum Glück nicht passieren.

 

 

Bei Margun Misaun biege ich ums Eck und kann einen ersten Blick auf den höchsten Bündner erhaschen. Während ich auf der steinigen Treppe an Höhe gewinne, treffe ich auf zwei Damen, welche ebenfalls die Tschiervahütte als Ziel haben. Wir kommen ins Plaudern und es stellt sich heraus, dass die einte der Damen früher einmal in der Hütte gearbeitet hatte. Schon bald darauf haben wir die 1951 erbaute Hütte erreicht und können uns verwöhnen lassen.

 

 

Das rote Rivella ist herrlich kühl und die Tschierva-Rösti mundet vorzüglich, was will man mehr. Im wohl exklusivsten Liegestuhl der Alpen geniesse ich mit Blick auf Piz Roseg und Bernina anschliessend noch einen exzellenten Kaffee und kann mich kaum mehr losreisen: Berge, hohe Berge, Eis und Fels und Gletscher. Darüber fast nicht mehr von dieser Welt, eine scharfe Gratschneide, Leiter in den Himmel, der Biancograt, unverwechselbar einmalig.

 
 

Das Panorama ist überwältigend und die frisch angezuckerten Gipfel heben sich kontrastreich vom stahlblauen Himmel ab, wo plötzlich ein knallgelber Vogel mit lautem Knattern angeflogen kommt. Proviantnachschub für die Hütte und für mich das Zeichen mein Pferdchen zu satteln. Der erste Teil der Abfahrt ist ein Traum, mit dem Biancograt im Rücken führt der schmale Pfad über die goldgelb grasbewachsene Gletschermoräne.

 

 

Auf die Treppenstufen aus grossen Steinen habe ich mich schon während dem Aufstieg gefreut und bis Margun Misaun ist praktisch alles fahrbar. Dort treffe ich auf einen älteren Herrn und komme mit ihm ins Gespräch, unter anderem über SAC-Hüttenumbauten, welche nicht ins Landschaftsbild passen. Ich schwärme von der schönen Coazhütte und da erwähnt er beiläufig, dass er damals bei Jakob Eschenmoser in die Lehre ging. Nur zur Coazhütte hätte ihn der Lehrmeister nie mitgenommen, da dort eine junge hübsche Hüttenwartin das Zepter schwang. Die erste Frau als Chefin einer SAC-Hütte und dann erst noch in kurzen Hosen, dies entsprach wohl nicht ganz den Moralvorstellungen der 1960er Jahre.

 

 

Nach dieser interessanten Begegnung setze ich meinen Weg in den Talgrund fort. Aus dieser Perspektive zeigt sich das Val Roseg nochmals in seiner ganzen Schönheit und der Weg seine Zähne. Hier ist nicht mehr alles fahrbar, aber dies tut dem Genuss keinen Abbruch und die entgegenkommenden Alpinisten sind einmal mehr erstaunt, dass sie hier in diesem Gelände auf einen Biker treffen.

 

 

Auf dem Rückweg nach Pontresina nasche ich noch etwas von den verbotenen Früchten. Sie sind zuckersüss, ich werde zum Glück nicht erwischt und darf noch etwas länger im Paradies verweilen. Das war DIE Genusstour des Jahres und der Genuss geht natürlich beim abendlichen Schlemmerdinner im Hotel noch weiter. Ein Prachttag wie aus dem Bilderbuch geht langsam zu Ende, mit einem feinen Singlemalt und Blick in den Engadiner Nachthimmel, wo die Sterne etwas heller leuchten als anderswo.

 

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