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Ferien unter Freunden

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Ferien unter Freunden, dies ist jeweils das Motto, wenn ich nach Pontresina ins Oberengadin reise und es ist mittlerweile wie ein Heimkommen, fast wie eine eigene Ferienwohnung mit Rundum-Verwöhnservice und vielen bekannten Gesichtern, die einem jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Ich sei jetzt schon das 7. Mal hier, sagt mir Ralph der Direktor, als ich heuer einmal mehr kurzfristig im Hotel Rosatsch einchecke. Darum reise ich auch ohne grosse Pläne an, denn ich kenne die Gegend ja inzwischen wie meine Westentasche und der Genuss und die Entspannung stehen im Vordergrund.

Bei einem meiner ersten Aufenthalte hier vor 9 Jahren, war ich bei der Chamanna d'Es-cha. Höchste Zeit der Hütte mal wieder einen Besuch abzustatten und dann hat es dort ja noch so einen Gipfel, der sich als potenzielles Bike & Hike Ziel anbietet. Die ersten paar Höhenmeter auf der Passstrasse nimmt mir der Ming-Alpinbus ab, bevor es mit den Wandersleut zusammen bergwärts geht. Bei der Verzweigung teilt sich der Pulk, während die einen direkt die Chamanna ansteuern, schreite ich zusammen mit dem kleineren Grüppchen durch den steinigen Garten weiter empor.

 

 

Schliesslich erreiche ich die Fuorcla Pischa, wo sich nebenan eine kahle Schieferpyramide namens Piz Blaisun auftürmt. Soll ich diese jetzt noch zu Fuss erklimmen, oder lieber hier eine ausgiebige Pause machen und noch genügend Zeit für den leckeren Kuchen in der Chamanna d'Es-cha haben? Ich entscheide mich für zweiteres, denn schliesslich steht ja der Genuss im Vordergrund. Hier oben ist mächtig was los, denn der bekannte Kesch-Trek von Hütte zu Hütte führt hier vorbei und die Gruppe Holländer ist ganz erstaunt, in diesem unwegsamen Gelände einen Biker anzutreffen.

 

 

Der Biker hat sein Gefährt aber nicht umsonst hier hinauf geschleppt, denn die Abfahrt ist super. Unzähligen Schieferplatten zieren den Weg wie kleine Hinkelsteine, eine Landschaft aus Tausendundeiner Nacht, ich bin im siebten Himmel. Bei der Chamanna d'Es-cha wartet bereits ein Liegestuhl in der Sonne auf mich und die Linzertorte mundet vorzüglich, so müssen Ferien sein. Da vermag auch die einheimische Dame meine Laune nicht zu trüben, welche mich auf der Rückfahrt in der RhB als "scheiss Unterländer" bezeichnet, nachdem sie ihr Elektromoped beim Abhängen vom Bügel fast auf mein 301 knallen lässt und ich mich getraute zu intervenieren.

 

 

Am zweiten Tag möchte ich mit der Capanna del Forno der nächsten Hütte einen Besuch abstatten und starte morgens in Maloja. Auf dem kleinen Strässchen fahre ich hinauf zum Lägh da Cavloc, wo schon mächtig was los ist. Familien vergnügen sich am Strand, es wird gebadet und bei der gleichnamigen Alp sind gerade Festvorbereitungen im Gange. Der See scheint vor allem bei den Leuten aus dem nahen Italien ein beliebtes Ausflugsziel zu sein.

 

 

Bis zum Kleinkraftwerk Plancanin ist der Weg noch recht human, aber dann wird es immer unwegsamer. Die grossen Gesteinsbrocken liegen hier nicht mehr nur neben dem Weg, vielmehr führt der Weg über weite Strecken darüber hinweg. Aber wie es so ist, man redet sich immer ein, dass es sicher bald besser wird. Irgendwann schwindet dann aber auch die letzte Hoffnung und ich lasse mich im Gletschervorfeld auf einem grossen Stein nieder, da der weitere Weg zur Capanna del Forno so null Sinn macht. Die feine Nusstorte und die wunderbare Aussicht auf den Fornogletscher trösten mich aber etwas über die verpasste Hütte hinweg, bevor ich mich auf den Rückweg mache. Wie erwartet ist kaum was fahrbar und der Spott der Wandere mir gewiss.

 
 

Da ich vom Lägh da Cavloc nicht auf dem Strässchen nach Maloja zurückfahren möchte, nehme ich den Wanderweg am steinigen Nordufer und greife prompt gleich nochmal ins Klo. Abwärts so wenig gefahren wie heute bin ich schon lange nicht mehr, da gibt es definitiv geeignetere Täler zum Biken als das Val Forno, aber schön war es trotzdem.

Ebenfalls schon 9 Jahre her ist es, seit ich mit dem Bike durch das Val Minor fuhr und vor zwei Jahren war ich ja auf dem Piz la Stretta, von wo aus ich voller Bewunderung auf die gegenüberliegende Seenplatte schaute. Diesen Seen möchte ich heute einen Besuch abstatten und pedaliere frischfröhlich durch das Val da Vain, bis ich die Alp la Stretta erreiche.

 

 

Über unzählige Spitzkehren geht es nun hinauf zur Hochebene, wo mich drei wunderschöne etagierte Seen erwarten. Auch dies scheint ein überaus beliebtes Ausflugsziel bei den Italienern zu sein, da die Seen von der Forcola di Livigno aus recht einfach erreichbar sind. Beim grössten der drei Seen, dem Lej Grand, mache ich Mittagspause und lasse mir meinen Roastbeef-Bagel schmecken.

 
 

Ein wunderschönes Fleckchen Erde, hier kann man die Seele baumeln lassen und dementsprechend lange fällt das Sonnenbad heute auch aus. Dies denken sich wohl auch die Kühe, welche ebenfalls am Seeufer chillen, während sie das spärlich vorhandene Gras wiederkäuen. Völlig tiefenentspannt mache ich mich langsam für die Abfahrt bereit, noch ein letzter Blick auf den gegenüberliegenden Piz la Stretta und dann geht es los.

 

 

Die Spitzkehrenorgie hinunter zur Alp la Stretta ist einfach nur geil, ich kriege das Grinsen kaum mehr aus dem Gesicht und auch der weitere Weg zur Forcola di Livigno gestaltet sich spassig. Bis zur Fuorcla Minor geht es nun nochmals etwas aufwärts, mit genug Kraft wäre alles fahrbar, aber ich schiebe lieber und lege mich oben auf der Fuorcla nochmals in die Sonne, bevor das Finale folgt. Der Trail durch das Val Minor ist immer noch so gut wie vor 9 Jahren und der Flow hält bis fast vor dem Hotel an, wo bereits ein kühles Edelweiss-Bierchen aus Tschlin auf mich wartet.

 

 

Wie schon so oft, verlängere ich auch heuer meinen Aufenthalt kurzerhand noch um einen Tag, da das Wetter weiterhin schön bleibt. Weniger schön hingegen ist der Brummschädel am Morgen, das war am Vorabend wohl doch ein Gläschen zu viel. Da kommt mir die Einrollstrecke durch das Val Bever wie gerufen, bevor es steil nach oben zur Fuorcla Crap Alv geht. Der Blick über das ganze Val Bever von hier aus ist super und in der Ferne kann ich sogar die Chamanna Jenatsch erkennen, wo ich letztes Jahr war.

 

 

Bei der Chamanna Spinas, die auch zugleich Eingang zur Albula-Festung sein scheint, mache ich eine kurze Pause und geniesse den Tiefblick auf die Albulapassstrasse, während ich mein Sandwich verputze. Der nun folgende Weg hinunter zu den Lajets digl Crap Alv ist kurz und knackig. Die beiden Seen sind traumhaft schön in die Hügellandschaft eingebettet und ich fühle mich dabei ein bisschen wie ein Hobbit auf Mittelerde.

 

 

Der weitere Weg zur Passstrasse hinunter ist leider zum Vergessen und der anschliessende Asphaltaufstieg zum Hospiz raubt mir noch die letzten Kräfte. Ein grosses Rivella später sind die Lebensgeister aber wieder zurück und ich begebe mich auf den Albula-Trail, welcher mich mit viel Flow nach La Punt Chamues hinunterführt. Wie immer war es super hier hoch oben im Engadin, während die Arbeitskollegen im Herzog & De Meuron Glaspalst bei weit über 30° im eigenen Saft gargekocht werden. In dem Sinne bis zum nächsten Jahr, wenn es wieder heisst, Ferien unter Freunden.

 

1 Comment

  1. ROTSCHER sagt:

    Wow super. Ich muss unbedingt auch wieder mal ins Oberengadin. Pfade fernab der Bikepisten gibt es ja genügend zu entdecken.
    Übrigens super kurze Video-Eindrücke. Das ergänzt den Beitrag genial. Ich sollte wohl meine Cam auch des Öftern mitnehmen 🙂

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