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Fuorcla da Rims

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Vorletztes Jahr war ich das erste Mal im Unterengadin und neben dem leckeren Tschliner Bier wussten auch die Trails zu begeistern. Da die Zeit damals nicht für ganz alle anvisierten Ziele reichte, machte ich mich heuer anfangs August erneut auf nach Scuol. Das feine Essen noch in bester Erinnerung, stieg ich auch diesmal wieder im Hotel Belvair ab, wo sonst hat man schon einen direkten Verbindungsgang vom Hotel in die Bäderlandschaft des Bogn Engiadina. Bei strahlend blauem Himmel mache ich mich am ersten Tag auf in Richtung Val d'Uina und treffe bei Pradella auf einen anderen Biker, der gerade auf dem Smartphone nach dem Weg schaut. Oli möchte auch ins Val d'Uina und so setzen wir den Weg gemeinsam fort. Der Uina entlang fahren wir das Tal hoch und mit uns zusammen unzählige andere Biker, da die bekannte Albrecht-Transalproute hier durchführt. Zu meinem Erstaunen sind fast alles Biobiker und kaum jemand ist mit Motorunterstützung unterwegs. Während wir so plaudern stellt sich heraus, dass der Oli auch so ein Spinnsiech ist, er möchte ebenfalls zur Fuorcla da Rims hoch. Tiptop, dann muss ich die lange Bikewanderung nicht ganz alleine unter die Schuhsohlen nehmen.
 
 
Beim Weiler Uina Dadaint machen wir eine kleine Pause und stärken uns mit Kaffee und Kuchen, bevor es durch die imposante Quar Schlucht weitergeht. Der vor über 100 Jahren in die fast senkrechten Kalksteinwände gehauene Weg ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, welches ich schon vor zwei Jahren in der Gegenrichtung geniessen durfte. Nach der Enge in der Schlucht weitet sich das Gelände wieder auf und die grünen Wiesen der Alp Sursass liegen vor uns. Während die Transälpler weiter über den Schlinigpass zur Sesvennahütte fahren, biegen wir rechts ab und dann ist der gemütliche Teil auch schon zu Ende. Die Bikes wandern auf die Schultern und es geht zu Fuss den erste Anstieg hinauf.
 
 
Nach dem ersten Anstieg können wir wieder ein paar Meter fahren, bevor es sich die Bikes erneut auf unseren Schultern gemütlich machen können, während wir die nächste Geländestufe erklimmen. So wird es die nächsten Stunden weitergehen, immer wieder ein bisschen fahren, etwas schieben und viel tragen. Wir kommen zu einem kleinen Seechen, einer der kurzen Momente im Sattel und treffen dort auf einen Wanderer mit seinem Hund. Nach einem kurzen Schwätzchen geht es weiter den nächsten steinigen Anstieg hinauf.
 
 
Oben angekommen empfängt uns die Lais da Rims Seenplatte mit ihren unzähligen Dolinenseen, von welchen wir nur den grössten zu Gesicht bekommen. Die restlichen verstecken sich irgendwo im Gelände oder sind während des heissen Sommers wohl ausgetrocknet. Weiter geht es nach einem kurzen Stück des Rollens, wie könnte es auch anders sein, mit der Bikebeförderung in Trageform.
 
 
Mittelweile fehlt jegliche Vegetation, ringsherum nur noch Grautöne soweit das Auge reicht, gespickt mit ein paar letzten Schneeresten. Die unwirkliche Mondlandschaft lässt unsere Herzen höherschlagen und wir fühlen uns wie Astronauten auf dem Planten Rims. Wenn man genau hinschaut, kann man jetzt auch überall die kleinen Seechen erkennen und in der Ferne die Fora da l'Aua, wo eine alternative Aufstiegsroute vom Val Sesvenna her durchführen würde.
 
 
So langsam schwinden unsere Kräfte, während des stundenlange Bikeschleppens wurden die letzten Energiereserven aufgebraucht, aber zum Glück ist es nicht mehr weit und wir können etwas weiter oben schon die lang ersehnte Fuorcla sehen. Oben angekommen erwartet uns auf 2940müM ein rotes Panoramabänkchen, es hat fast etwas von einer hochalpinen Busshaltestelle, wo der Lischana-Express haltmacht. Bis zur nächsten Abfahrt bleibt zum Glück noch etwas Zeit, sodass wir ausgiebig das Bad in der Sonne geniessen und Kraftstoff nachtanken können.
 
 
Beim Blick nach rechts sticht der Vorgipfel des Piz Lischana ins Auge. Vor 8 Jahren ereignete sich dort ein gewaltiger Bergsturz, wobei der östliche Teil des Gipfelturmes einbrach. Daraufhin wurde der eigentliche Gipfel gesperrt und kurzerhand um ein paar Meter nach unten verlegt, sodass er wieder begangen werden kann. Die Befahrung hebe ich mir für meinen nächsten Besuch hier im Unterengadin auf. Pünktlich nach Fahrplan hält der Lischana-Express und wir steigen zu, der Ritt nach unten kann beginnen. Die ersten paar Meter im feinen Geröll sind noch nicht fahrbar, aber schon bald wird es etwas griffiger und wir können uns in den Sattel schwingen. Der Weg wird immer besser und das Tempo schneller, wir sind voll und ganz in unserem Element, genau dir richtige Mischung aus flotteren Passagen und steinigen Herausforderungen.
 
 
Auf eine Einkehr in der Chamonna Lischana verzichten wir heute, wir sind gerade so schön im Techflowrausch und möchten diesen nicht unterbrechen. Unterhalb der Hütte folgt nochmals eine felsige Schüsselstelle und dann dominiert je länger desto mehr wieder die Farbe Grün den Wegesrand. Der immer wieder mit Spitzkehren gespickte Trail ist genial und unsere Mundwinkel zeigen nach oben, im Gegensatz zu den keuchenden Wanderern, die sich die letzten Höhenmeter zu ihrem Nachtdomizil in der Hütte hochkämpfen.
 
 
Mit Blick auf Scuol vernichten wir in rasanter Fahrt die hart erkämpften Höhenmeter. Das Val Lischana hat etwas von einem Trichter, auf beiden Seiten gesäumt von steilen Felswänden kanalisiert es Wasser, Geröll und Biker gleichermassen talwärts. Jetzt kann uns nichts mehr halten, wir tauchen in den Wald ein und das Tempo wird nochmals um einen Tick gesteigert. Plötzlich kommt uns eine Pferdetrekking-Karawane auf dem Wanderweg entgegen, wir machen mit unseren zweiräderigen Pferdchen brav Platz und weiter geht der Ritt.
 
 
Unten in Scuol gibt es dann das wohlverdiente Tourabschlussbierchen mit Blick zum Piz- und Val Lischana hoch. Die Tour war hart aber geil, fast 1800 Höhenmeter Abfahrt mit einer kaum zu überbietenden Vielseitigkeit und eine traumhaft schöne Steinlandschaft inmitten der Gipfel der Sesvenna Gruppe, kurzum ein Hammer Tag. War cool dich kennengelernt zu haben Oli, wir sind da so ziemlich aus dem gleichen Holz geschnitzt und ich hoffe es ergibt sich irgendwann mal wieder die Gelegenheit ein paar Trails gemeinsam zu rocken. Der lange beschwerliche Aufstieg war zu zweit um einiges kurzweiliger und auch der Tiefflug machte im Duett gleich doppelt Spass.
 
 
Wie so oft lasse ich den Tag abends bei einem Gläschen Singlemalt ausklingen und die Tour nochmals in Gedanken Revue passieren. Vom Hotelbalkon aus habe ich freie Sicht auf das Val Lischana. Das kleine Lichtchen dort oben auf dem Felskopf ist die Lischanahütte, wo wir noch vor wenigen Stunden unterwegs waren. Leider sieht der Wetterbericht für die nächsten beiden Tage nicht mehr ganz so rosig aus, mal schauen was der morgige Tag bringen wird, die heutige Tour war auf jeden Fall ein Volltreffer.
 

Gesamtstrecke: 33.44 km
Maximale Höhe: 2966 m
Minimale Höhe: 1125 m
Gesamtanstieg: 1913 m
Gesamtabstieg: -1923 m
Total time: 08:13:46

3 Comments

  1. Oliver Weinmann sagt:

    Das war wirklich ein schöner Tag Sven, hat Spaß gemacht, die Tour mit dir zusammen zu machen! Wir werden uns bestimmt wieder sehen… 🙂

  2. ROTSCHER sagt:

    Ja, ich war auch überrascht wie gross und lange die Wanderungen auf dem Mond sind 😁 … ohne Zivilisation und Rummel.
    Aber die Tour ist landschaftlich echt super und vielseitig … einfach ein Traum. Und zurück in Scuol weiss man, die Mühen haben sich gelohnt … zumindest für solche Spezies wie wir.
    Tolle Bilder und Eindrücke, ich lebe gleich zurückversetzt im Sommer, als ich dieselbe Tour erleben durfte. Wäre ja cool, wenn wir mal zusammen die Alternative testen würden 😉

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