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Spitze des roten Wassers

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Wenn ich das erste Mal an einem Ort bin, habe ich immer den Drang möglichst viele grosse Touren zu unternehmen um ja nichts zu verpassen. Ganz anders hier in Pontresina, wo ich fast jedes Jahr einmal hinfahre. Da darf es auch einmal nur eine kleine Genussrunde oder Variante einer bereits gefahrenen Tour sein, so auch heute. Ich entscheide mich am Morgen spontan für den Nachbar des Engadiner Mittagskogels, welchem ich vor zwei Jahren einen Besuch abgestattet habe. Nach dem fast schon obligatorischen Abstecher in die Bäckerei rolle ich gemütlich durch den Stazerwald nach St. Moritz-Bad, wo der Aufstieg beginnt. Heute wähle ich die Variante über God Spuondas Rosatsch und kann so die ersten 200 Höhenmeter mit entsprechend Kniegas noch fahren. Danach geht es tragend über den mir schon bestens bekannten Weg weiter, bis ich zu dem Wegweiser komme, wo ich mich diesmal rechts halte. Kurz darauf erreiche ich dieses wunderschöne Hochplateau mit den drei Seechen und auch der anvisierte Gipfel ist bereits in Griffnähe.
 
 
Einen Katzensprung später habe ich die Spitze des roten Wassers erreicht, wo mich heute anstatt eines Gipfelkreuzes ein Sünneli aus Holz erwartet. Ich mache es mir in der Sonne gemütlich und halte Ausschau nach dem roten Wasser, vergeblich, denn dieses tritt erst weiter unten im ältesten und höchstgelegenen Bad der Schweiz mit konstanten 5,6 Grad Celsius zu Tage. Die sauren Verwitterungsprodukte des eisenhaltigen Piz Rosatsch gelangen mit dem Sickerwasser in die Tiefe, wo sie auf eine Kalkschicht treffen und damit die Bildung von Kohlesäure veranlassen. Prähistorische Funde deuten darauf hin, dass die Mauritiusquelle schon in der Bronzezeit gefasst wurde, um das eisen- und kohlesäurehaltige Medizinalwasser (welches ein rostrotes Sediment hinterlässt) zu trinken und darin zu baden.
 
 
Runde zwei im Aussichtsreigen, das Weltklassepanorama von Vortag setzt sich heute fort. Der Blick reicht von Zuoz bis nach Maloja schier über das ganze Oberengadin und auch hier kann ich wieder etliche schon befahrene Gipfel bestaunen und zukünftige Projekte studieren. Der Lej dals Chöds zum Beispiel fehlt mir immer noch und auch auf der anderen Seite hat es noch das einte oder andere interessante Ziel. Die Aussicht ist auf diesem vorgelagerten Gipfel fast noch besser als damals auf dem Mittagskogel, dafür fehlt der Blick auf den höchsten Bündner, welcher vom Piz Rosatsch verdeckt wird.
 
 
Beim Blick nach rechts unten sticht am Hang ein fetter Strich in Zickzackform ins Auge, auf diesen Teil der Abfahrt freue ich mich jetzt schon. Das erste Stück zu den Seen runter weiss aber auch zu begeistern und gibt ein super Fotosujet ab. Bei den weissen Wollgrassfeldern am See lege ich nochmals ein kleines Päuschen ein und dann bin ich auch schon wieder zurück beim Wegweiser. Was nun kommt kenne ich ja schon, zu Beginn die geniale Spitzkehrenorgie mit Tiefblick auf St. Moritz, dann die etwas mühsame Querung wo ein Ibex wohl mehr fährt als die Hausziege und zum Schluss der technisch verblockte Teil den feuchten Rinnsalen entlang.
 
 
Zurück auf dem Höhenweg setzte ich meine Bikewanderung fort, im Gegensatz zum letzten Mal geht es heute aber tendenziell eher aufwärts und dementsprechend kleiner ist auch der fahrbare Anteil. Vorbei an den knorrigen Arven schreite ich durch den 1000-jährigen Wald und ziehe den herrlich harzigen Duft in die Lungen auf. Ganz hinauf bis nach Muottas da Schlarigna mag ich das Bike nicht mehr schleppen und mache ich es mir mit einem Stück Engadiner Nusstorte auf dem Bänkchen gemütlich.
 
 
Von hier aus habe ich einen super Blick auf den Schafberg mit den unzähligen Lawinenverbauungen und auf die beiden Schwestern, wo ich gestern war. Frisch gestärkt geht es nun daran die letzten 400 Höhenmeter zu vernichten und ich kann mich nur wiederhohlen, irgendwie sind die untersten Tiefenmeter rund um Pontresina immer die besten. Ein Bündner Wappentier wäre wohl unterfordert, aber für die Nordwestschweizer Flachlandziege genau das Richtige, hüeru güet, ach ne das war ja woanders. Auf das äusserst coole Finale wird natürlich sogleich mit einem kühlen Tschlin-Alvetern (mit Edelweiss) angestossen, Viva! Den Rest überlass ich dann der Küche, die wissen wie man einen Gourmetbiker glücklich macht.
 
 
 

5 Comments

  1. Spoony sagt:

    Sehr schöner Bericht mit interessanten Fakten über die Quelle. Ja, im Raum St. Moritz gibt es noch einiges zu entdecken. Wenigstens hattest du schönes Wetter, nicht wie ich letzten Sommer.

  2. IBEX73 sagt:

    Hoi Sven,da ich von der Vortagestour gut „eingefahren“ war,stellte diese 2-Gipfel Tour keine unlösbaren Aufgaben in den Weg…hehe…das war vermutlich der gepflegteste Bergweg den ich in ´21 abgearbeitet habe.(Das waren so einige..also ungepflegtere…..)
    Interessante Erklärung zum Wasser übrigens,die auch einen Üsserschwiiizer überraschen.Jetzt kann ich meine Uralt-Eisenfunde am Wollseeli zuordnen…..hatte eher auf Militärische Reste getippt.

    • Sven sagt:

      Zum Glück spielt das Militär dort oben nicht auch noch herum … und das hätte mich auch gewundert, wenn dieser Weg für dich mehr als ein Sonntagsspaziergang gewesen wär 😆

      • IBEX73 sagt:

        Nun ja,ganz so profan ist der Weg dort an manchen Stellen nicht,Mann/Frau sollte doch eine versierte Fahrtechnik mitbringen.Es war halt entspannend, einer definierten Weglinie folgen zu können,die am Vortag (meistens) einfach nicht vorhanden war….

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