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The Way We Walk (The Longs)

The Way We Walk (The Shorts)
8. Juli 2023
Puntraschigna
18. Oktober 2023
The Way We Walk (The Shorts)
8. Juli 2023
Puntraschigna
18. Oktober 2023
 

Neben den kürzeren Genusstouren, dürfen natürlich ein paar längere Bikewanderungen auch nicht fehlen. Ein Tipp dieser Kategorie aus dem Hause Ibex steht schon länger auf meiner Liste und zu dieser Hütte breche ich am Donnerstag auf. Start ist in Gorduno und die Sonne brennt schon unerbittlich auf das Strässchen, welches sich in die Höhe windet. Ich gebe (zu) kräftig Gas und kann kaum so viel trinken, wie in Form von Schweiss herunter tropft. Nach knapp zwei Stunden habe ich die ersten 1200 Höhenmeter hinter mir und erreiche erschöpft die Alpe Arami. Gerne würde ich jetzt hier einkehren, aber ein Ovo-Riegel muss reichen, denn ich habe noch weitere 400 Höhenmeter vor mir. Die nun Folgende Querung durch den Wald ist kräftezerrend, ein stetiges auf und ab, auf dem Weg den ich gehe. Ein paar Alpen später kommt dann endlich die Capanna in Sicht, noch ein letzter kurzer Kraftakt und ich habe mein Ziel erreicht.

 

 

Auf der Terrasse haben es sich bereits zwei coole Rentner bei einem Fläschchen Rotwein gemütlich gemacht. In Anbetracht der noch bevorstehenden Abfahrt lehne ich die Einladung aber dankend ab und hohle mir in der Hütte eine kühle Gazosa. Die beiden sind aus der Gegend und können gut Deutsch, wir kommen ins Plaudern und sie erzählen mir, dass es leider auch hier in den Selbstversorgerhütten immer mehr Probleme mit Leuten gibt, welche eine Sauerei hinterlassen und nicht bezahlen. Darum war die Hütte auch bis jetzt geschlossen und ich habe Glück, dass die beiden heute mit dem Schlüssel raufgekommen sind.

 

 

Der nahe Gipfel ist verlockend, aber da ich nicht weiss was mich in der Abfahrt noch erwarten wird, lasse ich die Hike-Einlage sein und sattle meinen grünen Grashüpfer. Auf den ersten Metern verfluche ich dann auch bereits den alten Herrn, was hat Papa Ibex mir da wieder eingebrockt, anstatt zu fahren bin ich einmal mehr zu Fuss unterwegs. Aber es wird bald besser, viel besser, die Bremsen glühen und ich kriege das Dauergrinsen kaum mehr aus dem Gesicht, bis ich in Sementina wieder Aspahlt unter den Reifen habe.

Am Freitag gebe ich mir es gleich nochmals, Driving the last spike, solange die Kräfte noch reichen. Heute geht es hoch ins Valle Di Vergeletto, wo ich bereits vor zwei Jahren zusammen mit Papa Ibex zwei super Touren gemacht habe. Diesmal habe ich die andere Talseite im Visier und schon nach kurzer Zeit ist es wieder soweit, der Pfad kann nur noch zu Fuss begangen werden.

 

 

Ich liebe die Gegend hier, so wild, so urtümlich und man trifft kaum Menschen an. Überall herrlich duftende Wildblumen, ein Paradies für Schmetterlinge und Naturliebhaber wie mich. Kleinere und grössere Wasserfälle vereinen sich am Talboden zu einem Bach, welcher die Felsen glattgeschliffen hat, eine Wasserrutschbahn im Ticino-Style.

 

 

Der Weg den ich gehe ist abwechslungsreich und die Zeit verrinnt wie im Fluge, der Wald wird immer lichter und weit oben kann ich schon die Gebäude der Alpe Categn erkennen. Teils weglos wird die Alpwiese immer steiler, aber wenn die Kühe dies beim Alpaufzug schaffen, sollte es für einen kleinen Halbmondbiker auch kein Problem sein. Bei der Alpe werde ich freudig von den Locals empfangen, allzu oft kommen hier wohl keine Biker vorbei und ich werde gründlich inspiziert und beschnuppert.

 

 

Alles O.K. ich darf passieren, noch etwas höher und dann kommt auch schon die lange Querung. Immer mal wieder kurz aufsitzen, ein paar Meter fahren, schieben und schultern. Das Ganze zieht sich hin und nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich endlich das Ziel vor Augen, die Bocheta liegt direkt über mir. Ich mobilisier nochmals die letzten Kräfte und stehe kurz darauf oben, was für ein Blick, der Lago Alzasca liegt wunderschön unter mir in einer Mulde.

 

 

Leider weht auf diesem ausgesetzten Übergang ein kühles Lüftchen, darum gleich noch etwas weiter bis zu der windgeschützten Alpwiese ums Eck, wo ich mich in die Sonne lege. Frisch ausgeruht geht es anschliessend an die Abfahrt und diese startet heute ausnahmsweise einmal nicht gehend. Der Pfad schlängelt sich fast schon lieblich über die grünen Wiesen zwischen Brocken aus Onsernone Gneis hindurch, welche hier überall wild verstreut herumliegen, als hätte jemand einen grossen Sack davon ausgeleert.

 

 

Als Steinliebhaber fühle ich mich wie im siebten Himmel, für mich ist das einer der schönsten Ecken im Tessin hier rund am das Valle Onsernone. Bei der Alpe di Bietri muss ich mich entscheiden, entweder nochmals ein Gegenanstieg oder direkt nach unten. Ich entscheide mich für letzteres, tauche in den Wald ein und die Wahl ist goldrichtig. Wie das Schlagzeug-Duett von Phil Collins und Chester Thompson ist auch die Abfahrt lang und facettenreich. Der Trail ist schwierigkeitsmässig wie auf mich zugeschnitten und ich werde nur ganz unten vor Gresso nochmals kurz zum Fussgänger.

 

 

Zwischen Gresso und Vergeletto stosse ich auf dieses kleine Kunstwerk an einem Bach, aber auch sonst ist das Thema Wasser allgegenwärtig. Die Kraft des Wassers ist für die Leute hier seit Jahrhunderten elementar wichtig, wie die historische Mulin di Sindig'üi zeigt. Sie ist die einzige von ehemals fünf Mühlen in Vergeletto, welche noch in Betrieb ist und seit 2013 wieder den feinen Duft der Farina bóna (geröstetes und gemahlenes Maismehl) verströmt.

 

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