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Ticino Meteo-Jackpot

Rothornhütte
29. Mai 2021
Alla Scoperta primo
6. Juli 2021
Rothornhütte
29. Mai 2021
Alla Scoperta primo
6. Juli 2021
 
So nötig wie diesmal hatte ich glaub die Ferien noch nie. Nach den erneuten unsäglichen Corona-Einschränkungen über den Winter und monatelangem Homeoffice, hatte ich zur Krönung auch noch einen Wasserschaden in der Wohnung. Einfach nur weg, den Alltag hinter mir lassen, ich hatte alles sowas von satt und konnte es kaum erwarten den Weg ins Tessin anzutreten. Pünktlich auf die Ferien stellte sich dann auch endlich schönes Sommerwetter ein und ich fuhr mit meinem bis unters Dach vollgepackten Binfordmobil los in Richtung Süden. In Minusio hatte ich wie schon vor zwei Jahren das schöne Gartenstudio gebucht, ein kleines Paradies mit Grill, Pool und Blick über den Lago di Maggiore.

Am ersten Tag gehe ich es gemütlich an und lassen mich mit der Luftseilbahn nach Cardada hinauf chauffieren. Die restlichen paar Höhenmeter zum Cimetta erarbeite ich dann aber doch aus eigener Kraft, damit es oben nicht ein totaler Kaltstart gibt. Ich möchte heute einmal die westseitige Abfahrt nach Gordevio ausprobieren und werde anfangs positiv überrascht. Ein cooler Trail führt durch den Wald zur ersten Alpe im typischen Ticino-Stil, jetzt bin ich definitiv angekommen in dieser wunderbaren Welt zwischen Palmen und Biken in den Bergen. Dass bei der kommenden Querung nicht viel fahrbar sein wird, darauf war ich vorbereitet und schon folgen die nächsten Alpsiedlungen.
 
 
Dann kommt es aber knüppeldick, auf den nächsten 500 Tiefenmeter bis Gordevio bin ich grösstenteils als Fussgänger unterwegs. Aber selbst schuld, ich Depp musste ja auch den Weg mit den geringsten Höhenlinienabständen als Einstieg nach der Winterpause wählen, wo ich fast nur mit dem Gravelbike unterwegs war. Tja, jetzt bin ich wieder auf dem Boden der Tatsachen zurück, aber die gute Laune lasse ich mir dadurch aber nicht verderben. Am See gibt es noch ein Gelato und schon liege ich mit einem kühlen Bierchen im Pool.

Am zweiten Tag geht es ins Valle Morobbia, ich parkiere das Auto in Pianezzo und pedaliere in Gedanken versunken auf der gebührenpflichtigen Strasse durch das grüne Tal bis zur Alpe di Giumello, ohne einem einzigen Auto zu begegnen. Von hier aus kann ich den Passo San-Jorio schon sehen, von welchem mich nun nur noch eine kleine Tragestrecke und etwa 400 Höhenmeter trennen.
 
 
Unten saftig grün, ist der Schnee auf der Passhöhe wohl erst seit wenigen Tagen weg und schon spriessen die ersten Krokusse. Auf der italienischen Seite führt eine Alpstrasse bis zum Rifugio, welches direkt unterhalb des Passes liegt. Demensprechend viele Biker hat es hier oben, aber meine Aufstiegsroute ist da für unsereins definitiv attraktiver.
 
 
Nach einer kurzen Pause nehme ich die Querung zur Biscia hinüber in Angriff, welche ich grösstenteils wandernd absolvier. Der anschliessende Weg zur Capanna Gesero verläuft leider auf einer Schotterstrasse und auch weiter bis zur Alpe della Costa bleibt der Weg breit. Hier habe ich einen wunderbaren Blick auf die Riviera und den gegenüberliegenden Pizzo di Claro mit der Capanna Brogoldone, welcher ich diese Woche auch noch einen Besuch abstatten möchte.
 
 
Während die meisten anderen Biker auf der Alpe d'Arbino die Abfahrt nach Bellinzona wählen, halte ich mich links und wähle die etwas anspruchsvollere Variante. Ein Volltreffer, die nächsten 1000 Tiefenmeter sind voll und ganz nach meinem Geschmack, im Gegensatz zu gestern entspricht dieser Weg durch den Wald schon eher meinem fahrtechnischen Können. Die zahlreichen kleinen Siedlungen geben immer mal wieder den Blick auf den Lago di Maggiore frei und je tiefer ich komme, desto drückender wird es, während oben noch ein angenehmes Lüftchen wehte.

Am nächsten Tag begebe ich mich dann mit Papa Ibex auf Entdeckungstour, aber dazu mehr im nächsten Blogbeitrag. Nach dieser fordernden Tour brauche ich einen Ruhetag, da bietet sich der Corona di Pinz wunderbar an, denn da oben war ich tatsächlich noch nie. Wenn auch etwas milchig, ist die Aussicht über den Lago Maggiore super und ich bin natürlich nicht der einzige Biker an diesem gehypten Aussichtspunkt.
 
 
Hinunter nehme ich natürlich nicht die Standardroute, sondern die schwarz gepunktete Variante nach Intragna. Der Weg wäre an sich toll, wenn er denn etwas mehr gepflegt wäre. Das Laub liegt teilweise fast knietief und die Äste auf dem Weg sind zahlreich, was den Fahrspass etwas schmälert. Aber egal, so ist dies halt abseits der ausgetretenen Pfade und ich bin nach diesem gemütlichen Türchen genügend früh in der Ferienwohnung zurück, um ausgiebig die Sonne am Pool zu geniessen.

Nachdem ich am Mittwoch nochmals mit Ibexbegleitung unterwegs war, regnet es zu meinem Erstaunen am Donnerstagsmorgen leicht. Halb so schlimm, so kann ich ruhigen Gewissens etwas länger im Bett liegen bleiben und gemütlich Frühstücken. Danach packe ich die Bouldermatte und mach mich auf den Weg ins Verzascatal. Bei Ganne finde ich ein traumhaft schönes Plätzchen an der Verzasca mit Felsblöcken zum niederknien. Der Bach rauscht, die Sonne scheint und das eiskalte Wasser kühlt Boulderer und Bier gleichermassen, besser geht es wirklich nicht.
 
 
Später ziehe ich dann noch etwas weiter hinauf nach Piee zu diesem wunderschönen Felsen, welcher die Titelseite des Boulderführers ziert. Die Zeichnungen auf dem Brocken können es mit jedem Maler aufnehmen, die Natur ist doch noch immer der grösste Künstler. Die Verzasca führt um diese Jahreszeit recht viel Wasser und etliche der Felsblöcke sind darum nicht erreichbar, da müsste ich fast im Herbst nochmals herkommen.

Ein Besuch bei Jennie auf der Capanna Brogoldone gehört schon fast zum Pflichtprogramm und so mache ich mich am letzten Tag auf nach Lumino, wo ich bei der Ankunft das gelbe Bähnchen gerade davon schweben sehe. Eigentlich müsste ich jetzt eine Stunde warten, aber als Fotomodell auf der Bikeaufhänganleitung komme ich in den Genuss einer Werksfahrt und kann schon kurz darauf bei der Bergstation das Bike schultern. Neben dem Weg zur Hütte türmt sich extrem viel Sturmholz, aber der Tourismusverein hat ganze Arbeit geleistet und ich kann ohne grössere Kletteraktionen den Pfad beschreiten.
 
 
Bei der Hütte werde ich freundlich empfangen, aber nicht durch Jennie, denn diese ist jetzt neu auf der Capanna Pian D'Alpe im Bleniotal zuhause. Das neue Hüttenteam macht aber ebenfalls einen super Job und der traditionelle Brasato mit Tagliatelle mundet vorzüglich. Von der Capanna hinunter ins Tal bieten sich zahlreiche Abfahrtsmöglichkeiten an und ich probiere heute einmal eine neue aus, welche mich am Benediktinerkloster Santa Maria Assunta vorbeiführt. Wie schon die Abfahrt nach Castione, weiss auch diese Variante zu begeistern, es hat zum Abschluss nochmals von allem etwas dabei.
 
 
Ich schaffe es just vor dem Feierabendverkehrschaos zurück nach Minusio und decke mich in der örtlichen Metzgerei noch schnell mit einem feinen Hüftsteak und etwas Salsiccia ein. Noch ein letztes Mal den Grill anheizen, die Aussicht auf den See geniessen und dann sind sie leider auch schon wieder vorbei die Tage in der Sonnenstube.

Dieses Jahr habe ich wettermässig den Jackpot gezogen und auch sonst reihte sich ein schönes Erlebnis an das andere, genau das was ich brauchte, nach dieser zermürbenden Zeit. Der einzige Wehmutstropfen, die Ferien waren viel zu kurz, ich hätte locker noch eine weitere Woche vertragen. Über das Wiedersehen mit der Ibex-Familie habe ich mich sehr gefreut und sonst die Zeit alleine genossen. Einfach die Seele baumeln lassen und den Gedanken nachhängen, dies hat so gutgetan und ich bin jetzt wieder deutlich ausgeglichener. Letztes Jahr eine Woche lang mit guten Freunden die schönsten Trails rocken und heuer die Selbstfindungs-Genussvariante, beides hat seinen Reiz und ich überlege mir gerade, nächstes Jahr gleich zwei Wochen einzuplanen, um beides zu vereinen. Aber jetzt kommt erst einmal die Hochtourensaison und dafür bin ich nach dieser Woche bestens gerüstet.
 

2 Comments

  1. blackCoffee sagt:

    Hoi Sven, der Jackpot liess kaum Wünsche offen und die Selbstfindungs-Genussvariante tut einfach gut.
    Ich hatte nach einer Woche Medienabstinenz auch richtig gute Laune – hoffentlich hält das noch eine Weile an..
    Meine Posts müssen noch etwas warten, aktuell habe ich einfach keine Lust zu bloggen..

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