Die schöne Teufelin
28. Februar 2019Cole de Mille spécial
21. März 2019Nach den genialen Tagen im Engadin ging die Reise weiter ins Val de Bagnes. Den unteren Teil des Wallis hatte ich bisher kläglich vernachlässigt, höchste Zeit dies zu ändern. Meine Bloggerkollegen haben mich mit ihren Eindrücken aus diesem schönen Tal schon öfters gluschtig gemacht und ein paar interessante Touren waren schnell gefunden. Auf den Hotspot Verbier hatte ich keine Lust und fand schlussendlich etwas weiter hinten im Tal in Lourtier eine schöne Übernachtungsmöglichkeit. Das Hotel La Vallée ist seit mehreren Generationen in Familienbesitz und ist voll und ganz auf Biker ausgerichtet. Der Chef des Hauses ist selbst auf dem Bike unterwegs, es steht eine grosse Garage zur Verfügung und für Gruppen wird sogar ein Shuttledienst angeboten. Nach einem feinen Frühstück schwinge ich mich aufs Bike und starte zur ersten Tour in dieser mir völlig unbekannten Gegend. Es ist immer wieder aufregend, wenn man am Morgen losfährt und keine Ahnung hat was einem den Tag hindurch erwarten wird.
Ich fahre ein Stück weit der Hauptstrasse entlang und biege im Wald dann auf ein Nebensträsschen ab, welches mich vorbei an prächtigen Chalets zur Cabane Brunet hinaufführt. An privilegierter Lage steht die Hütte hier auf 2100müM und bietet neben dem schönen Panorama zu meinem Erstaunen auch eine beträchtliche Anzahl an E-Bike Ladestationen. Direkt gegenüber dem Kreuz sticht der mächtige Bec des Rosses ins Auge, an dessen Nordflanke jeweils das Finale der Freeride World-Tour stattfindet. Mit einem Gefälle von über 60° gilt sie als eine der schwierigsten Abfahrten in den Alpen.
Stille ist alles, vor allem gepaart mit dieser herrlichen Aussicht über das Val de Bagnes, nur der Pierre Avoi hüllt sich heute leider in Wolken. Dies war der gemütliche Teil, jetzt beginnt die Arbeit. Auf dem steilen Weg geht es weiter nach oben bis zu ein paar Stallungen, um anschliessend auf dem ersten Trail des Tages zum Bach hinunter zu fahren. Hier wird sich meine Runde später auch wieder schliessen. Ich folge ein Stück dem Bach, bis ich zu dieser Hängebrücke komme.
Nach dem Überqueren der Hängebrücke geht es um die Becca de Sery herum, leider ist der schöne Wanderweg über weite Strecken nicht fahrbar und ich werde wieder einmal zum Bikefussgänger. Auf der anderen Seite der Becca erwarten mich ein paar Trailschafe und ich bereue es zum ersten Mal die Tour nicht in der umgekehrten Richtung zu fahren, der Trail der sich da über die Gletschermoräne schlängelt sieht zu verlockend aus. So schiebe ich halt das Bike zwischen den Schafen hindurch den Trail hinauf.
Oben angekommen eröffnet sich mir der Blick auf die schuttübersäte Gletscherzunge und den darüber liegenden Tournelon Blanc. Der Grand Combin wo der Glacier de Corbassière entspringt und der grösste Teil des Gletschers, verstecken sich jedoch hinter der Biegung. Mit seinen 9.7km Länge ist der Glacier de Corbassière der grösste Gletscher im Unterwallis und der fünflängste der Schweiz. Gut erkennbar ist auch die Cabane Panossière, welche auf der anderen Seite ganz oben auf der Gletschermoräne thront.
Wie viele andere ist auch der Glacier de Corbassière in den letzten Jahren massiv geschrumpft. Mit dem sich zurückziehenden Eis wurden die Seitenmoränen immer instabiler und die Wege mussten neun angelegt werden. Im Jahr 2014 wurde ausserdem eine 190m lange Hängebrücke errichtet, damit man gefahrlos die Seite wechseln kann. Vor drei Jahren als mein Bloggerkollege Spoony hier war, befand sich die Brücke noch direkt über dem Gletschertor. Jetzt blickt man von der Brücke nur noch auf den blanken Fels.
Ich wandere weiter durch die vom Gletscher künstlerisch gestaltete Landschaft und erklimme auf dem neu angelegten Weg die Seitenmoräne, jetzt wird es wieder grüner und ich kann weiter oben schon das Ziel sehen. Zu meinem Erstaunen wäre der Weg grösstenteils fahrbar und ich bereue heute schon zum zweiten Mal, nicht in der Gegenrichtung gestartet zu sein. Mit den Wandersleut zusammen kämpfe ich mich die steilen Serpentinen hoch.
Kurze Zeit darauf stehe ich oben auf dem schmalen Passübergang. Der Platz ist rar auf dem kleinen Bödelchen und der Wegweiser klein, ich suche mir im Bord ein Sitzplätzchen und packe meinen Proviant aus. Wie auf einem Balkon sitze ich hier hoch über dem Corbassièregletscher und blicke hinunter auf den schwinden Eisstrom. Leider ist die Sicht heute etwas durch die Wolken getrübt, welche hartnäckig an den Gipfeln festkleben.
Nachdem ich mich an der Aussicht sattgesehen habe, geht es auf der anderen Seite wieder hinunter. Auf den ersten Blick sieht der Trail super aus und fährt sich auch so, bis zum ersten Steinfeld. Da werde ich wieder zum Fussgänger und frage mich ein weiteres Mal, ob wohl die Gegenrichtung nicht gescheiter gewesen wäre. Die Steinfelder sind aber zum Glück nicht allzu gross und ich kann mich schon bald wieder in den Sattel schwingen.
Mittlerweile bin ich unten in der Ebene angekommen, wo sich die vielen kleinen Rinnsale zur Dyure de Sery vereinen. Die kleine Hochebene ist eingefasst von hohen Bergen, auf der einen Seite der vergletscherte Petit Combin und auf der anderen Seite der Gipfel des nächsten Tages, welcher sich dort hinter den Wolken versteckt. Auf der Brücke überquere ich die Dyure de Sery und stehe wieder am Ausgangspunkt meiner kleinen Runde. Zurück hinauf zur Cabane Brunet heisst es dann nochmals schieben, bevor es nur noch abwärts geht.
Die Abfahrt startet gleich bei der Hütte und der erste Teil ist schnell, über den breiten Wanderweg kann ich es fliegen lassen und dann folgt das Dessert mit Sahnehäubchen. Die Switchback-Orgie nach Lourtier hinunter ist genial, über 500 Höhenmeter Spitzkehren im Wald vom feinsten, so muss eine Tour enden. Wenn auch weniger fahrbar war als ich mir erhofft hatte, der erste Tag im Val de Bagnes war super, meine kleine Explorertour wusste vor allem durch die Landschaft zu begeistern.
Zurück im Hotel genehmige ich mir das obligate Tourabschlussbierchen, auf welches auch ein gelb-schwarz gestreifte Insekt scharf ist. Ich schaue nicht genau hin, greife zum Krug und schon sticht der fiese Bierdieb zu. Für mich als Allergiker der Supergau, eigentlich müsste ich jetzt sofort einen Arzt aufsuchen, da ich letztes Mal ohne die entsprechenden Medikamente eine Nacht auf der Intensivstation gelandet bin. Der Arzt würde mich aber wohl kaum wieder nach Hause lassen und ich könnte die Biketour am nächsten Tag abschreiben. Also werfe ich erstmal eine Handvoll Antiallergika ein und lege mich mit der Notfallspritze in Griffnähe etwas hin. Durch die rasche Einnahme der Tabletten halten sich die Symptome zum Glück in Grenzen und der Tour am nächsten Tag steht nichts mehr im Wege, nochmals Glück habt.
11 Comments
So gut, einfach fantastisch diese Gegend, macht mich ganz kribbelig für die kommende Saison. Mit diesem Pass hast Du aber was ausgewählt, ich habe mich da noch nicht hochgewagt. Aber landschaftlich natürlich überwältigend. Übrigens waren wir auf unserer Transalp im gleichen Hotel in Lourtier. Bin gespannt was Du im Val de Bagnes noch unternommen hast. Dem Tal werde ich auch dieses Jahr mindesten einen Besuch abstatten.
Ein Kollege hatte den Pass schon einmal als Stichtour von der Nordwestseite aus gemacht. Von dem her wusste ich, dass da einiges fahrbar sein wird. Die Gegenrichtung würde im Nachhinein aber mehr Sinn machen, wenn auch da nicht alles fahrbar ist.
In dem Fall kamt ihr sicher auch in den Genuss des super Aussenwhirlpools im Hotel 😀
Wunderbare Gegend – schöne Erinnerungen werden wieder wach…
Gut dass Du die Medikamente dabei hattest..
Ohne das Notfallset gehe ich auf keine Biketour, zum Glück sind ab einer gewissen Höhe aber kaum mehr Wespen und Bienchen anzutreffen.
Nun ja, zum Val de Bagnes muss ich ja nichts mehr sagen, einfach traumhaft. Nach meiner Wandertour zum Corbassière bin ich zu den Aussagen bezüglich Befahrbarkeit nicht erstaunt, obwohl du mit deiner Fahrtechnik nochmals in einer anderen Klasse bist als ich. Zum Glück hast du die Wespe überlebt, damit wir hier noch mehr aus dem Val de Bagnes lesen können. (Ich weiss, als Allergiker ist der Moment alles andere als lustig und angesichts des Standortes hattest du echte Nerven den Aufenthalt nicht abzubrechen.)
Ja, traumhaft schön 😍 du bist mit deinem Bericht auch nicht ganz unschuldig daran, dass ich unbedingt zu dem Gletscher wollte 😉
Die Tatsache, dass das Hotel im Unterwallis das einzige ist, welches über einen eigenen Helikopterlandeplatz verfügt, beruhigte mich etwas. Im äussersten Notfall wäre also schnell Hilfe da gewesen.
Hoi Sven,sehr,sehr fein was du da mitgebracht hast! Freue mich schon auf die nächsten Beiträge (+die höchsten Gipfel deiner 18er Saison).
Ganz toll ist das Panoramabild-da sehe ich eine feine Line…..auffi ins IBEX-Terrain!
Genau, nach einer neu interpretierten TGPT am zweiten Tag, geht es zum Abschluss dann noch ganz hoch hinaus 😉
Hi, überlege gerade ob Col de Mille -> Gipfel -> wieder zurück (keine Überschreitung) -> Cabane Brunet -> deine Tour gegen den Uhrzeiger -> Hängebrücke -> Cabane Panosierre -> Col des Otanes -> Mauvosin eine sinnvolle Anfahrt / Wanderung wäre. Col Otanes scheint Trailrunning Gebiet z sein …. sollte gehen.
Von Le Chable mit Gondel (scheint bi zum 27.8.23 zu fahren). Ich klick mal einen Track zusammen und zähle Höhenmeter….
Was meinst du?
Hi, sollte so schon machbar sein, aber da hast du dir (für einen Tag?) was Ordentliches vorgenommen 😮
Col des Otanes – Mauvoisin ist mit T3 angegeben und kenne ich nicht. Die Ostseite des Passes ist aber Jagdbanngebiet und somit wäre dort eigentlich Bikeverbot. Ich weiss auch nicht ob die Gondelbahn Le Chable – Bruson Bikes transportiert, die wollen dort die ganzen Bähnlibiker wohl lieber auf der Verbier-Seite konzentriert haben.
Oh, danke für die Antwort. Hatte ich gar nicht gesehen.
Haben wir jetzt gemacht. Ich berichte noch auf mtb news. Tour ist ein Brett
Volle Seilbahn Unterstützung. Col de Mille, auf den Vorgipfel, Cabanne Brunet, Cabanne Panossiere, Col Otanes. Abfahrt ziemlich (zu) schwierig. 1 Million technik Sonderprüfungen. 11h.