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Gourmetbiking Zermatt

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Für meinen letzten Biketrip der Saison zieht es mich wieder einmal nach Zermatt. Es ist schon ein Weilchen her, seit ich dem Horu im Sommer einen Besuch abgestattet habe. Ich freue mich auf ein paar schöne Tage mit Beat, auf coole Trails und natürlich auf gutes Essen. Schon bald nach meinem Eintreffen sitzen wir in der Standseilbahn, welche uns zur Sunnegga hinaufbringt. Wir lassen das sonntägliche Getümmel am Leisee hinter uns und biegen auf den ersten Trail in Richtung Furi ein. Beat sitzt nach längerer gesundheitsbedingter Abstinenz das erste Mal wieder auf dem Bike und seine Mundwinkel sprechen Bände. Ohne dies unser liebstes Hobby sind wir halt nur halbe Menschen und es gibt doch nichts Schöneres, als zusammen das herrliche Spätsommerwetter auf dem Bike zu geniessen. Nach einem Abstecher auf den Flowtrail gibt es im Simi auf Furi einen kleinen Happen und anschliessend eine Führung durch den Gletschergarten, bevor wir wieder Zermatt zu steuern.
 
 
Da ich während dem Lockdown Geburtstag hatte, habe ich noch eine Gratisfahrt auf den Gornergrat zugute. Diese nehme ich natürlich gerne in Anspruch und so finden wir uns um kurz nach vier Uhr zusammen mit unzähligen anderen Bikern bei der Talstation ein. Seit Kurzem transportiert die Gornergratbahn nur noch nach 16 Uhr Bikes, was natürlich zu total überfüllten Bahnwagen und Chaos führt. Auch die Kommunikation über diese Änderung hätte man aus meiner Sicht besser machen können, nachdem der Konflikt zwischen Wanderer und Biker im Bereich Riffelsee ja schon seit Jahren schwelt.
 
 
Der Wow-Effekt auf dem Gornergrat ist auch beim zweiten Mal nicht kleiner, der Anblick des höchsten Schweizers und der Eisströme versetzt einem immer wieder ins Staunen. Das letzte Mal war ich vor drei Jahren am Bike-Meet frühmorgens hier und jetzt geniessen wir die Abendsonne an diesem prächtigen Ort, während sich die restlichen Biker sogleich wieder zu Tale stürzen. Nachdem der grösste Pulk weg ist, machen auch wir uns auf den Weg und ich komme in den Genuss eines Privat-Guiding.
 
 
Wir haben die Trails um diese Zeit ganz für uns allein, 1500 Tiefenmeter Spass pur, hüeru güet. Beat gibt Gas als hätte es keine Auszeit gegeben, das Freiheitsgefühl auf dem Bike lässt einem alles rundherum vergessen. Plötzlich befinden wir uns auf der EWS-Strecke, wo kurz zuvor noch die Profis durch den Matsch pflügten. Wir haben heute definitiv die besseren Bedingungen und schonen unsere Bikes nicht, was Beats oranges Beast prompt mit einem Speichenbruch quittiert. Egal, Speiche raus und weiter geht es mit eierndem Hinterrad in unvermindertem Tempo, da uns langsam der Magen knurrt. Auf den Besuch im Le Gitan habe ich mich schon lange gefreut, fast ein Muss wenn man in Zermatt ist. Wie immer bestelle ich mir als Vorspeise die Gitan-Gambas und als Hauptgang den leckeren Spiess vom Grill, genau so muss ein Biketag enden, da sind wir beiden Gourmetbiker uns einig.
 
 
Am nächsten Morgen hat Beat einen wichtigen Termin und ich ziehe alleine los. Der Ritzengrat fehlt mir noch auf meiner Zermatter Karte, perfekt für nach dem Frühstück und schon schwebe ich hinauf zum Unterrothorn. Das Restaurant hat wegen Corona geschlossen und so wird leider nichts aus dem Kaffee in luftiger Höhe, dann starte ich halt direkt mit dem Morgensportprogramm. Der Ritt über den Ritzengrat ist super und das Horu strahlt in der Sonne, so richtig kitschig schöne Bilderbuchschweiz. Beim Weiler Tufteren tauche ich in den Wald ein, auf feinsten Valais-Trails geht es bis nach Zermatt, wo ich mit Beat verabredet bin.
 
 
Um die Wartezeit zu überbrücken, gönne ich mir im Old Zermatt noch schnell einen leckeren Burger und dann geht es weiter. Wie schon im Januar auf den fetten Reifen, pedalieren wir auch heute wieder zum Zmutgletscher hoch. Im Gegensatz zu damals, werden wir aber heute nicht durch die Schneemassen ausgebremst und fahren weiter in Richtung Schönbielhütte. Die Eismassen haben hier am Fusse des Horus eine wunderschöne Geröll- und Seenlandschaft hinterlassen, welche mich etwas an den hintersten Teil des Rosegtales erinnert.
 
 
Von hier aus wirkt die über 1000 Meter hohe Nordwand des Matterhornes nochmals um einiges eindrücklicher. Wenn man da fällt, gibt es bis ganz unten kein Halten mehr. Ich stelle mir vor wie es wohl ist, da ganz alleine ungesichert drin zu hängen, keine schöne Vorstellung. Anstatt auf dem offiziellen Hüttenwege fahren wir auf der Gletschermoräne weiter, bis der Weg abrupt infolge eines Abbruches endet. Der perfekte Spot um ein paar schöne Fotos zu schiessen und die Seele etwas baumeln zu lassen.
 
 
Auf dem Rückweg lasse ich es mir nicht nehmen und unterziehe das Gletscherwasser einem Temperaturcheck, wo hat man sonst schon eine Badewanne direkt vor dem berühmtesten Horn der Welt. Dem Zmutbach entlang geht es anschliessend Zermatt zu, der YoYo-Trail rockt einfach immer wieder. Den Tag lassen wir heute im Avena ausklingen, es ist Wildsaison und die feinen Rehschnitzel munden bei einem Glas Rotwein vorzüglich. Am Dienstag bin ich dann alleine unterwegs, ich habe da noch so ein Projekt wo keine Bahn hochführt, aber dazu mehr im nächsten Blogbeitrag. Bevor ich am Mittwoch wieder den Heimweg antrete, geht es noch einmal hinauf zum Trockenen Steg, wo mich bei der Gandegghütte dieses morgendliche Traumpanorama erwartet.
 
 
Die neu errichtete Dreiseil-Umlaufbahn schaufelt ununterbrochen Touristen auf das Klein Matterhorn, während oben auf über 3800müM immer noch an der Erschliessung von der italienischen Seite her gearbeitet wird. Während dem Zermatt-Unplugged Festival finden hier bei der Gandegghütte jeweils Konzerte statt, sicher ein einzigartiges Erlebnis vor solch einer Kulisse. Um diese Jahreszeit ist die Hütte aber geschlossen und ich muss einmal mehr ohne Koffeindoping in die Abfahrt starten.
 
 
Die allerletzte Abfahrt meines Zermatt-Besuches weiss nochmals zu begeistern. Glattgeschliffener Fels und weisses Nass, mit Blick auf den ebenfalls schon befahrenen Theodulpass geht es los. Der Trail ist an Vielseitigkeit kaum zu überbieten und endlos lang, wäre schade wenn ich denn nicht noch mitgenommen hätte. Kurz vor Zermatt hat es sich eine Gruppe schwarznasiger Locals auf dem Trail gemütlich gemacht. Da bleibt einem als Üsserschwiizer nichts Anderes übrig als abzusteigen und die Wegblockade zu umgehen.
 
 
Noch ein letzter Happen im Old Zermatt und ein paar Zermatter-Bier für daheim gebunkert und dann besteige ich auch schon wieder den Shuttlezug nach Täsch. Die Tage hier waren einmal mehr super, Gourmetbiken mit einem Schuss Bikebergsteigabenteuer, das ist die Mischung welche Zermatt ausmacht. Was ich damals noch nicht wusste, es sollte das letzte Mal sein, dass ich in den Bergen unterwegs war. Kurz darauf folgte der erste Wintereinbruch und ich schaffte es danach nicht mehr, mein 301 noch einmal artgerecht zu bewegen. Ein super Saisonabschluss war dies, Danke Beat für die schöne Zeit, ich habe es in vollen Zügen genossen.

Edit: Dies wird wohl für lange Zeit mein letzter Besuch mit dem Bike auf dem Gornergrat gewesen sein, denn wir Biker sind dort leider nicht mehr so wirklich willkommen. Zukünftig wird für den Biketransport eine Reservationspflicht und ein Zuschlag von 10 Franken eingeführt, es wird zwei Zeitfenster am Morgen und abends nach 16 Uhr geben und die Transportkapazität wird dabei auf 12 Bikes pro Fahrt beschränkt.
 

8 Comments

  1. Michael Mücker sagt:

    Schöner Bericht … wie immer. Die neue Regelung für die Gornergratbahn kommt mir persönlich für meine diesjährigen Pläne entgegen, auch wenn es teurer wird. Nach 16 Uhr wird es halt immer eng für ausufernde Pläne. So kann ich morgens um 7 Uhr hochfahren, wenn ich einen Platz bekomme, und in Ruhe mein Programm abspulen. Insgesamt ist es trotzdem doof, dass reglementiert werden muss. Zum Glück fehlt mir am Gornergrat nur noch diese eine Variante, für die es nach 16 Uhr zeitlich zu knapp wäre. Auch meine zweite Tagesaufgabe wird sich organisatorisch besser nachmittags absolvieren lassen. Bei allem Ärger habe ich da also individuelles Glück.

    • Sven sagt:

      Also für mich ist dies jetzt auch kein Weltuntergang, passt aber irgendwie nicht so ganz zu den Bemühungen der letzten Jahre, Zermatt zum Mekka der Bike-Enthusiasten zu machen. Wenn man im Netz gross mit Trail-Shredding wirbt, muss man sich auch nicht wundern, wenn genau dieses Klientel angezogen wird und die seit längerem bestehenden Konflikte sich dadurch noch verschärfen. Dies zeigt wieder einmal, dass sich die von sogenannten Profis entworfenen Konzepte und Visionen in der Realität meist anders verhalten als auf dem Reisbrett, wer hätte das gedacht 🤓

      • Michael Mücker sagt:

        Meiner Erfahrung aus 11 Jahren Zermatt-Biken nach ist es tatsächlich am Riffelsee am überlaufensten. Allerdings ist das Gelände dort so flach, dass man eigentlich kaum richtig ballern kann. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die Tageskarte für die Bergbahnen nur unterhalb Riffelberg gilt. Zwischen Gornergrat und Rotenboden kann es im Bereich des Singletrails eng werden, aber nach dem Riffelsee und auf allen übrigen Varianten, die vom Gornergrat wegführen, war es immer leer, wenn ich dort war. Wir hatten einmal sogar eine unfassbar teure Tageskarte gekauft und sind dreimal hintereinander vom Gornergrat abgefahren. Dabei gab es nur einmal Gemecker und das kam von einer Deutschen 🙁 Zermatt bietet ja auch weitere Tageskarten an, z.B. für Schwarzsee. Dort hat es diverse Varianten, die aber auch alle stark frequentiert sind. Man wird sehen, wie es sich entwickelt. Meine diesjährige Variante soll gänzlich abseits aller Touristenströme liegen. Und wenn ich morgens um 7 die erste Bahn nehme, wäre ich eh verschwunden, bevor ich einen Wanderer treffen könnte. Wie auch immer, die diesjährige Lösung ist zwar teurer, aber es gibt immerhin zwei Zeitfenster pro Tag. Vielleicht werden ja doch irgendwann beide Parteien vernünftig.

        Dir, Sven, einen schönen Bikesommer mit vielen Touren bei schönstem Wetter und bester Gesundheit.

  2. Karl sagt:

    Immer wieder super Tour und megasuper Bilder!!

  3. ROTSCHER sagt:

    Gut gibt es noch Alternativen zum Gornergrat die wir erklimmen müssen 😇. Du weisst sicher was ich meine.
    Tolle Bilder wie immer. Zermatt und das Horu sind einfach immer wieder der Hammer. Aber noch zwei Punkte.
    1) Ich kenne einen angenehmeren Pool, sprudelnd mit wohlig warmem Wasser, ideal für mich als Weichei 😎
    2) Ist es erlaubt ein paar Bierchen über die Grenze in die Üsserschwiiz zu nehmen? 🤣🤣

    • Sven sagt:

      Von dem Pool mit sprudelndem warmem Wasser habe ich auch schon gehört 😆 nur hat der leider keinen direkten Blick aufs Horu. Beide haben ihren Reiz, der eine für die schnelle Erfrischung und der andere für die gepflegte Entspannung.

      Es ist sogar ausdrücklich erwünscht den Zermatter Gerstensaft über die Grenze hinaus zu tragen, damit auch der Rest der Welt in den Genuss des veredelten Alpenquellwassers kommt 😂

  4. Als alter Zermatt-Fan habe ich mich sehr über Deinen Bericht gefreut. Ich komme seit 2007 immer wieder gerne an diesen magischen Ort und zelebriere übrigens folgendes Ritual: Zermatt muss ich mich immer würdig nähern. Also niemals auf der Straße, nicht durchs Tal und erst recht nicht mit der Bahn!
    Das erste Mal bin ich über den Theodulpass gekommen, dann immer über den Europa-Höhenweg und tatsächlich einmal auf dem Bahnweg…ups
    In meinem Buch Sevenbikesummits beschreibe ich übrigens ein paar coole Zermatt Touren. Link auf meiner Homepage…
    Habe schon ein paar alpine Varianten mit dem Bike probiert, es fehlen aber definitiv noch ein paar …
    zumindest war ich schon an der Monte Rosa-Hütte und an der Hörnlihütte mit dem Mountainbike.
    Das mit dem Gornergrat ist ärgerlich, allerdings finde ich die Zeit-Regelung sehr fair. Ich war immer abends in der Abfahrt und hatte daher niemals Probleme dort.
    Was mir dagegen gar nicht gefällt ist diese hirnlose Murmelbahn (sunegga Flowtrail)…das hat nicht wirklich was mit Mountainbiken zu tun….

    • Sven sagt:

      Hi Carsten, ich war 2017 erstmals mit dem Bike in Zermatt und wurde wie Du sofort ein Fan von diesem magischen Ort 😍 … da ich meist mit etwas mehr Gepäck unterwegs bin, beginnt für mich das Ritual jeweils mit dem Besteigen des Shuttlezuges.

      Auch wenn so ein Flowtrail mal ganz witzig ist, bin ich kein Fan von künstlich angelegten Trails. Solange sie in eh schon durch den Wintertourismus gezeichneten Landschaften gebaut werden, stören sie mich aber auch nicht. Wie bei allem kommt es auf das richtige Mass an und dies scheint man mancherorts im allgemeinen Flowtrail-Hype etwas aus dem Augen verloren zu haben.

      Ich selbst bevorzuge da auch lieber die alpinen Varianten fernab der grossen Massen. Dazu dann mehr im nächsten Blogbeitrag, wo es zu einer Hütte geht, welche wohl auch noch zu deinen fehlenden zählt 😉

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