
Col des Otanes
2. März 2025So spät wie der Sommer begann, so früh endet er auch schon wieder. Nach dem Trip mit Rotscher ins Val de Bagnes, setzt schon der erste Schneefall ein und ich sitze frustriert zu Hause meine letzten Ferien ab. Gegen Ende der Ferien zeichnet sich dann aber doch nochmals ein Lichtblick ab und ich machte mich auf ins Lötschental. Zu dem urchigen Tal habe ich eine ganz besondere Beziehung und es ist jedes Mal wie ein Heimkommen, wenn ich in Goppenstein mit dem Auto vom Zug rolle. Da meine Mutter ihr Ferienwohnung verkauft hat, nächtige ich heuer das erste Mal in einem Hotel und treffe mit dem sagenhaften Hotel Edelweiss in Blatten voll ins Schwarze. Am ersten Tag pedalier ich auf der Strasse hinauf zur Fafleralp, wo bei dem kleinen Seechen der fahrbare Anteil dann auch schon zu Ende ist.
Dem Uistre Talbach entlang geht es nun durch das gleichnamige Hängetal nach oben. Anfangs nach recht schmal, weitet sich das Tälchen immer weiter auf und gibt schon bald den Blick auf den Petersgrat frei. Mal abgesehen von den paar Schäfchen, bin ich ganz allein unterwegs und versinke beim Schlussanstieg in dem steilen Couloir knietief im Schnee. Schliesslich erreiche ich das wunderschöne Blaws Seelin, welches sich hier über zwei Ebenen erstreckt. Auf dem Seeli hat sich schon eine Eisschicht gebildet und das Wasser rinnt nur noch spärlich über die vom Gletscher glattgeschliffenen Felsen.
Eine ganz spezielle Atmosphäre, eigentlich ist noch Sommer, aber der Winter hat die Berge schon in Beschlag genommen und auch die Temperaturen sind alles andere als sommerlich. Da nehme ich nach der Tour doch gerne Platz in der heissen Sauna, bis ich zum Abendessen mit einem feinen Lötschentaler Lammgigot verwöhnt werde.
Am nächsten Morgen fahre ich erneut hoch zur Fafleralp, folge aber diesmal weiter dem Haupttal, vorbei an der Guggistafel, bis ich den Guggisee erreiche. Die Sonne scheint (noch) vom blauen Himmel, die Wiesen leuchten goldgelb und über dem kräuselnden Wasser kann ich weit hinten schon die Lötschenlücke sehen, welche den Übergang vom Lötschental zum Konkordiaplatz darstellt.
Schon von weiten sehe ich die schier endlose Schafkolonne und mache artig Platz. Die neugierigen Tiere beschnuppern mein salziges Bike und ich komme mit den stolzen Schafbesitzern ins Gespräch, welche mich Anfangs noch etwas skeptisch gemustert haben. Es kämen dann noch einige Tiere meinen sie, egal ich habe Zeit und geniesse den Anblick. Heuer holen sie die Tiere nach dem Wintereinbruch früher als gewohnt ins Tal zurück und weiter vorne ist bereits der Festplatz aufgebaut für diesen besonderen Tag.
Auch wenn der Indian-Summer erst in ein paar Wochen startet, ist der Farbwechsel doch schon in vollem Gange. Der hinterste Teil hier ist definitiv der schönste Fleck im Leetschtall und ich bin heute zum ersten Mal hier. Wie ein kleines Kind sauge ich die Eindrücke dieser verwunschenen Märchenwelt in mich auf, während ich das Bike den gut ausgebauten Weg zur Hütte hinauftrage.
Mit der Anenhütte erreiche ich eine der wohl luxuriösesten Unterkünfte in den Bergen. Die 2008 nach einem Lawinenniedergang komplett neu erbaute Hütte ist in Privatbesitzt der Familie Tscherrig und hat dank eigenem Wasserkraftwerk genügend Strom, um regelmässig die weissen Bettlacken zu waschen und den Whirlpool und die Saune in der Wellnesssuite aufzuheizen. Der Koch meint es gut mit mir und verwöhnt mich mit einer riesigen Portion Älplermagronen, bei der ich kurz vor Schluss kapitulieren muss.
Kurz nachdem ich die Hütte verlassen habe, zieht sich auch schon der Himmel zu. Tja, dies kommt davon, wenn man seinen Teller nicht aufisst. Vorbei am Anusee laufe ich noch etwas weiter nach hinten, bevor es runter auf den Gletschererlebnisweg geht, welcher Peter Tscherrig im Frühsommer 2013 eingerichtet hat. Der Gletscherschliff auf den lang gezogenen Gneisplatten ist wie von einer anderen Welt und über weite Strecken fahrbar, so etwas Geniales bekommt man nicht alle Tage unter die Räder.
Durch das Gletschervorfeld wird der Trail immer schneller, vorbei am schönen Grundsee, bis ich schlussendlich wieder auf dem Parkplatz der Fafleralp stehe. Auf dem Rückweg zum Hotel mache ich noch einen kurzen Abstecher zum Schwarzsee und just als ich auf der Hotelterrasse mein Bierchen serviert bekomme, fallen auch schon die ersten Tropfen.
Am letzten Tag möchte ich nochmals zur Bietschhornhütte hoch, wo ich bereist vor vier Jahren einmal war. Diesmal nehme ich den Aufstieg durch den Nästwald unter die Sohlen und dieser entpuppt sich teilweise als recht tricky, da die Wurzeln und Steine noch nass und somit rutschig sind. Ein Paradies für Pilze, die hier überall aus dem Nadelteppich spriessen.
Nach dem Erreichen der Baumgrenze werde ich mit dieser fantastischen Aussicht auf das Hockenhorn und den schneeweiss strahlenden Petersgrat belohnt. Beim dem markanten Picknickstein treffe ich auf eine Familie, die bereits am Abstieg ist. Wie es der Zufall so will, kommen auch sie aus der Nordwestschweiz und verbringen schon seit Jahren hier ihre Ferien im Lötschental. Nach einem kurzen Schwatz geht es weiter zur Bietschhornhütte, welche leider schon verschlossen ist.
Wie schon die Schäfchen am Vortag, haben auch die Hüttenwarte heuer verfrüht den Weg zurück ins Tal angetreten und die Hütte bereits winterfest gemacht. Winterlich sind mit 5° auch die Temperaturen und die Pause fällt darum heute dementsprechend kurz aus. Unterhalb der Hütte kann ich vor der Kletterpassage für ein paar kurze Schwünge aufsitzen und dann folgt auch schon der coole Mittelteil mit dem Gletscherschliff und dem Bietschhorn im Rücken, welches sich heute leider gänzlich in den Wolken versteckt.
Ich frage mich, ob es dies jetzt wohl schon war mit der Hochtourensaison? Jein, bis weit in den November hinein sollten nochmals beste Bedingungen herrschen, aber ich schaffe es leider nicht mehr in die Berge. Darum ist dies hier nun auch mein letzter Bericht aus der Bikesaison 2024, aber die neue Saison steht ja schon fast vor der Tür und eins ist sicher, ich war nicht das letzte Mal im Lötschental und sicher auch nicht das letzte Mal im sagenhaften Hotel Edelweiss, welches ich wärmstens weiterempfehlen kann. Das Wetter zeigte sich zwar diesmal eher von seiner garstigen Seite, aber dafür hatte ich das Leetschtall fast für mich allein und dies war gut so, denn vor allem den Gletschererlebnisweg sollte man nur ausserhalb der Hochsaison unter die Räder nehmen, da man sonst sich selbst und den Wanderern keinen Gefallen tut.
2 Comments
Sehr schöner Bericht aus dem wundervollen Seitental des Wallis, merci.
Ja, das einzige Walliser Seitental mit Ost-West Ausrichtung ist schon etwas Wundervolles und wurde bisher zum Glück noch weitestgehend von grösseren Bausünden verschont. Leider ist nun aber auch auf der Lauchernalp ein Ferienressort in Planung ☹️
Ich war schon als kleiner Pfadfinder in dem schönen Tal im Sommerlager und seither hat es mich immer wieder dahin zurückgezogen.