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Flüela Schwarzhorn

Alla Capanna
8. August 2022
Pischa mal anders
26. November 2022
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Pischa mal anders
26. November 2022
 

Es ist Ende Juli, wir befinden uns mitten in der Hitzewelle und die langersehnten Sommerferien kommen langsam in Sichtweite. Da erwischt mich dieser scheiss Coronavirus doch noch, keine drei Wochen vor Ferienbeginn und trotz doppelter Zwangsimpfung. So elend ging es mir schon lange nicht mehr und ich kämpfe mich nur langsam zurück ins Leben. Eine Woche vor den Ferien setzte ich mich dann mit ernüchterndem Ergebnis zum ersten Mal wieder aufs Bike, schon nach dem ersten kleinen Anstieg bin ich total erledigt. So wird das nichts mit den geplanten grossen Hochtouren und ein Alternativprogramm muss her. In Davos hätte ich noch zwei Touren im Köcher und im schlimmsten Fall bliebe noch die Option des Bähnlibikens. Perfekt, im Hotel Waldhuus ist noch ein Zimmer frei und ich mache mich auf den Weg in den altehrwürdigen Luftkurort, um meine coronageschädigte Lunge zu therapieren. Die gemütliche Ride-Tour aufs Flüela Schwarzhorn kommt mir da wie gerufen, das gelbe Bikeshuttle bringt einem bis zum Einstieg und es sind aus eigener Kraft nur 800 Höhenmeter zu bewältigen. Zuerst ist aber noch etwas Sardinenfeeling angesagt, das Postauto wird bis zum Gehtnichtmehr vollgestopft, da ist nichts mit Abstand halten und ich bin froh noch einen Platz zu ergattern, nachdem ich das Bike am Heckbügel eingehängt habe.

 

 

Eine Haltestelle vor dem Hospiz quellen sie dann alle wieder aus der gelben Dose heraus und machen sich auf den Weg zu den Jöriseen. Ich hingegen fahre noch etwas weiter bis auf den Pass, wo ich mich auf meinen grünen Guppy schwinge und dem Engadin entgegenrolle. Nach dem kurzen Einschwimmen geht es dann auch schon los, ich biege ab auf den Wanderweg und marschiere dem schwarzen Horn entgegen. Immer schön gemütlich geht es durch das Hochtal Radönt mit seinen malerischen Seechen und ich komme erstaunlich gut voran.

 

 

Hinauf zur Schwarzhornfurgga wird es dann schon etwas steiler und ich komme schwer ins Schnaufen, die Corona-Infektion zeigt ihre hässlichen Nachwehen. Darum lege ich auch öfters als sonst eine Pause ein und plaudere etwas mit den Wandersleuten, welche bei dem Wetter an einem so leichten Dreitausender zahlreich unterwegs sind. Der Schlussanstieg verlangt mir nochmals alles ab, aber auch den Wanderern, welche teilweise noch langsamer unterwegs sind als ich Schwächling mit meinem sperrigen Gepäck.

 

 

Endlich habe ich das Gipfelkreuz erreicht, ein super Gefühl. Das erste Mal in dieser Saison die 2000m-Grenze geknackt und dann gleich ein solch prächtiger Dreitausender. Das Panorama entschädigt für die ganzen Strapazen und ich atme tief durch. Wie habe ich das vermisst, solche Momente in den Bergen sind besser als die ganze Schulmedizin. Ich stehe mit meinem Bike hier oben natürlich im Mittelpunkt und wie fast immer ergeben sich nette Gespräche, da wir ja alle die Gipfel aus dem gleiche Grund erklimmen.

 
 

Das 360° Panorama präsentiert sich in Form eines gigantischen Gipfelmeeres, die Aussicht reicht von den Walliser Alpen im Westen bis weit in die Ostalpen. Von hier oben überblickt man das ganze Dischmatal bis nach Davos und tief unter uns liegt der Flüelapass mit dem Schottensee, wo ich heute Vormittag gestartet bin. In der Ferne kann ich auch schon mein morgiges Ziel ausmachen, welches dort rötlich schimmert. Das Schwarzhorn hingegen besteht aus dunklem Amphibolit, der wie es der Name schon sagt, das Horn fast schwarz erscheinen lässt.

 
 

Nach einer ausgiebigen Gipfelrast mache ich mich auf um mich in den Tot zu stürzen, so jedenfalls die Worte eines anwesenden Wanderers. Ich bin unter Beobachtung und mein Tanz auf Messers Schneide wird kritisch beäugt, so viele Zuschauer hatte ich glaub noch nie bei der Abfahrt. Ich bin aber schneller als der Sensenmann und kann mich in dem weitläufigen Geröllfeld auf dem grünen Pferdchen behaupten. The Four Horsemen von Metallica wäre da jetzt der passende Soundtrack dazu.

 

 

Ein Traum, bis kurz vor der Schwarzhornfurgga ist der ganze Gipfelhang fahrbar, aber dann steige ich doch lieber kurz ab, nicht dass Gevatter Tod mich noch einholt. Nach der Furgga geht es dafür umso geschmeidiger weiter, der Weg schlängelt sich wunderschön durch den rötlichen Schotter. Erst etwas weiter unten, als es langsam wieder grüner wird, kommen nochmals ein paar Kehren, wo ich kapitulieren muss.

 

 

Beim Seechen lege ich eine Pause ein und futtere etwas, denn die Tour ist hier noch lange nicht zu Ende. Auf der Passtrasse geht es zurück hinauf zum Hospiz und dann folgt dieser Hammertrail durchs Flüelatal. Während die Motorräder röhrend die Strasse hinaufrasen, traile ich gemütlich durch die schöne Landschaft dem Bach entlang und an Kühen vorbei. Im oberen Teil fordert der Trail noch die volle Aufmerksamkeit, aber spätestens ab Tschuggen gibt es kein Halten mehr.

 

 

Auf den letzten Metern lasse ich es fliegen, das Grün des Golfplatzes ist schon in Sicht und im Hotel wartet ein kühles Bierchen. Müde aber glücklich lasse ich mich auf dem Balkon in den Stuhl fallen, die Kondition ist noch lange nicht auf dem alten Niveau, aber ein bisschen etwas geht schon wieder. Die Tour aufs Flüela Schwarzhorn hat mit doppelt so vielen Tiefen- wie Höhenmeter ein ideales Verhältnis für angeschlagene Bikebergsteiger. Anschliessend geht es dann zum obligaten kulinarischen Verwöhnprogramm im Hotelrestaurant, den Geschmackssinn habe ich zum Glück nicht eingebüsst.

 


Gesamtstrecke: 25.08 km
Maximale Höhe: 3116 m
Minimale Höhe: 1544 m
Gesamtanstieg: 829 m
Gesamtabstieg: -1668 m
Total time: 05:45:15

2 Comments

  1. Davut sagt:

    Hallo Sven
    Ich habe mich immer wieder gefragt, wo ist dieser Sven ….
    Ja, dieses beschissene Coronavirus hat das Leben vieler Menschen durcheinander gebracht, aber deine Comeback-Timing ist perfekt …

    Die Panoramabilder und die Route mit deinem einzigartigen Kommentar sind einfach perfekt, weiter so und bleib gesund Junge
    Gruss Davut

    • Sven sagt:

      Hoi Davut

      Ja, er lebt noch der Halbmonbiker 😀 auch dieses Jahr war (leider) wieder sehr turbulent mit vielen Hochs und Tiefs. Mittlerweile bin ich aber wieder fit und es ergaben sich doch noch ein paar schöne Touren, ihr dürft Euch also auf weitere Blogbeiträge freuen 😉

      Ich wünsche auch Dir alles Gute, auf und neben dem Bike!

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