parallax background

Tektonik & Detersion

Gommer Allerlei
24. Juli 2019
Hoch überm Chablais
19. August 2019
Gommer Allerlei
24. Juli 2019
Hoch überm Chablais
19. August 2019
 
Nach den Tagen im Goms zog es mich ins Bündnerland und da auch dort noch mit viel Schnee zu rechnen war, fiel die Wahl auf die Surselva. Ich schaute mich nach einer geeigneten Unterkunft um und als ich auf das Hotel Cresta stiess, war sofort klar, dass es nach Flims gehen wird. Das Hotel Cresta war wieder einmal einer dieser Glücksgriffe, es liegt im ruhigen Ortsteil Waldhaus und besteht aus mehreren Gebäuden, welche in einer wunderschönen Gartenanlage eingebettet sind. Ich habe ein Economy-Zimmer im Chalet Rosina gebucht und dies ist genau mein Ding. In dem alten Chalet knarzen die Holzböden und das einfache Zimmer ist superheimelig, es kommt fast etwas SAC-Hüttenfeeling auf, einfach mit dem Komfort eines Einzelzimmers mit eigenem Bad. Der grosse Balkon mit Liegestuhl und Blick auf die Berge ist genial, bis spät am Abend kann ich hier in der Sonne liegen und alles riecht wunderbar nach dem von der Sonne verbrannten Holz. Ich fühle mich von Anfang an pudelwohl, kein Vergleich zu anderen Hotels wo man nur ein anonymer Gast ist, hier ist das ganze Team Gastgeber mit Herz und Seele.
 
 
Am ersten Tag nehme ich die Segnas-Tour aus dem Ride unter die Räder, diese steht schon lange auf meiner Wunschliste. Von Flims aus kurble ich in der Morgensonne gemütlich auf der Strasse zum Berghaus Bargis hoch. Über die weitläufige Hochebene geht es weiter der Aua da Mulins entlang in das Tal hinein und ich gewinne auf dem Alpsträsschen stetig an Höhe. Das Tal wird immer enger, der Weg ist auf beiden Seiten gesäumt von steilen Felswände und Wasserfälle stürzen in die Tiefe.
 
 
Bei der Alphütte auf knapp 1900müM ist der Weg zu Ende und somit auch der fahrbare Anteil. Hier treffe ich auf Stefan, er hat das gleiche Ziel wie ich und wir setzen den Weg gemeinsam fort. Mit den Bikes auf den Rücken geht es an der Alp Raschaglius vorbei das schöne Hochtal hinauf und weit oben können wir unser Ziel die gleichnamige Fuorcla schon erkennen.
 
 
Was wir aber auch noch sehen ist viel Schnee, wie erwartet hat es auch hier noch viel von dem weissen Zeugs. Die Schneefelder im Schlussanstieg kosten viel Kraft, Schritt für Schritt geht es über die rutschige Oberfläche nach oben und unsere Füsse sind schon bald klitschnass. Schliesslich haben wir es geschafft und stehen oben auf der Fuorcla Raschaglius. Die Aussicht ist super und der Piz Segnas und Piz Dolf sind zum Greifen nah.
 
 
Auch bei der Abfahrt zum oberen Segnesboden wird der Fahrspass immer wieder durch die weissen Hinterlassenschaften des Winters ausgebremst. Dafür ist die weissgefleckte Szenerie umso schöner anzuschauen und ich füge mich mit meinem Camouflage-Helm wunderbar in das Landschaftsbild ein. Das hochalpine Schwemmgebiet ist superschön, hat aber auch einen traurigen Hintergrund. In dem Talkessel verloren vor ziemlich genau einem Jahr 20 Menschen ihr Leben, als eine historische Junkers Ju-52 hier abstürzte.
 
 
Bei La Siala stehen wir am Rande des oberen Segnesboden und unter uns erstreckt sich die Plaun Segnas Sut. Durch den gerölligen Steilhang geht es auf das Martinsloch und die Tschingelhörner zu, bei dem Panorama fällt es schwer den Blick auf den Trail gerichtet zu lassen. Kaum irgendwo bekommt man Geologie so hautnah mit wie hier in der Tektonikarena Sardona. Die ältere Verrucano-Gesteinsschicht aus dem Perm schob sich vor Jahrmillionen über die jüngere Flysch-Gesteinsschicht des Paläogen und dank der hellen Trennschicht aus Kalkstein sind die unterschiedlichen Gesteinsschichten so gut erkennbar.
 
 
Von oben blicken wir jetzt auf den unteren Segnesboden mit seinen mäandrierenden Bachläufen, welchen ich schon bei meinem letzten Besuch hier durchquert habe. Der Schnee wird immer weniger, die Wanderer zahlreicher und der Trail fordert uns noch ein letztes Mal heraus, bevor wir unten auf der Plaun Segnas Sut angelangt sind. Der Rest ist Genuss, auf dem Wanderweg fahren wir durch die wunderschöne Hochebene nach vorn.
 
 
In der Segneshütte legen wir eine Pause ein und genehmigen uns eine kühle Erfrisch, diese haben wir uns verdient. Danach trennen sich unsere Wege wieder, Stefan nimmt den Runcatrail nach unten und ich möchte unbedingt noch den schwarz gepunkteten Trail über den Bergrücken Crap Tarschlims ausprobieren. Hat Spass gemacht mit dir zusammen Stefan, so musste ich das Bike nicht alleine durch all die Schneefelder schieben.
 
 
Der Trail über den Bergrücken ist ein Volltreffer und nochmals ganz nach meinem Geschmack. Mit wunderbarem Tiefblick auf Flims geht es ein letztes Mal zur Sache, bevor ich auf der Runcahöhe auf den gleichnamigen Trail stosse und darauf die letzten Tiefenmeter vernichte. Die Segnas-Tour war top, auch wenn wegen der Schneelage nicht alles fahrbar war, wusste sie vor allem durch die einzigarte Landschaft zu begeistern. Ich werde sie sicher wieder einmal unter die Räder nehmen, da ich noch eine Alternativroute entdeckt habe, die ich gerne ausprobieren möchte.

Am nächsten Morgen habe ich nicht so recht Appetit und halte mich beim Frühstücksbuffet etwas zurück, was sich später noch rächen sollte. Ich fahre mit dem Auto nach Thusis und begebe mich auf die Viamala. Auf der alten Strasse fahre ich durch die tief eingegrabene Schlucht und erreiche Zillis. Von hier aus geht es aufwärts, schier endlos lang quäle ich mich die Strasse hinauf bis nach Wergenstein.
 
 
Irgendwie ist heute nicht mein Tag, ich überlege immer wieder umzukehren und rapple mich dann doch jeweils wieder auf, um noch ein paar Kehren zu nehmen. Schliesslich erreiche ich die Alp Curtginatsch, jetzt habe ich es schon so weit geschafft, da ist Umkehren keine Option mehr und ich werde wohl auch noch das letzte Tragestück schaffen. Doch da rächt sich das spärliche Morgenessen, der Kraftstoff ist restlos aufgebraucht und ich würge während dem Laufen ein Bieberli herunter, um das letzte Stück bis zum Carnusapass noch zu schaffen.
 
 
Auf dem Carnusapass gibt es eine Pause, bevor es auf der anderen Seite mit Blick auf den Piz Beverin wieder hinuntergeht. Vom Pass aus sah der Trail spitze aus und die ersten 200 Höhenmeter sind es auch, doch danach folgt Frust. Die nächsten paar Kilometer lege ich grösstenteils zu Fuss zurück, da der Weg von Kühen zertrampelt und unfahrbar ist. Nach dem unfreiwilligen Fussmarsch über fast 500 Höhenmeter kann ich mich für das letzte Stück bis ins Carnusabachtobel dann doch noch in den Sattel schwingen. Der Killer folgt aber postwendend in Form der Schiebestrecke auf den Glaspass hoch. Aus dem letzten Loch pfeifend komme ich oben auf dem Glaspass an, nichts geht mehr, nicht mal mehr ein Trail kann mich locken und ich rolle die ganze Strecke nach Thusis auf der Strasse hinunter. Am Schluss stehen über 55km und fast 2500hm auf der Uhr und ich lasse mich körperlich total am Ende in den Autositz fallen. Im Wellnessbereich des Hotels kehren die Lebensgeister langsam wieder zurück und auch der nette Koch hat Erbarmen mit dem entkräfteten Biker, er legt auf die extragrosse Portion Spagetti noch ein zusätzliches Piccata-Milanese drauf.

Nach den Strapazen am Carnusapass lasse ich es am letzten Tag ruhig angehen. Die Seilbahn bringt mich ohne Anstrengung auf den Crap Sogn Gion und von dort aus geht es weiter zum Crap Masegn. Den anschliessenden Weg über die Fuorcla da Sagogn zur Station Vorab kenne ich bereits von früheren Besuchen. Auch hier oben hat es noch reichlich von dem weissen Zeugs und ich bin dementsprechend allein auf weiter Flur. Komischerweise war gestern der Carnusapass, welcher ja etwa gleich hoch ist, fast komplett schneefrei. Ich steige nach der Station Vorab noch etwas weiter auf und mache auf den glattgeschliffenen Felsen in der Sonne Mittagspause.
 
 
Heute habe ich keine Eile und genügend Zeit um auf dem Gletscherschliff herumzuspielen und Fotos zu schiessen. Die neu-neue Kamera wird diesmal in genügend grossem Abstand zum Wasser positioniert und bleibt trocken. Der Kontrast der grautönigen Felsen mit dem weissen Schnee, dem blauem Himmel und den Wolken ist super und die knalligen Farben der spärlichen Vegetation runden das Ganze ab, herrlich.
 
 
Die anschliessende Abfahrt ist Spass pur, von oben weg bis ganz unten. Nur zwei kleine Restschneefelder bremsen mich kurz aus und ich habe die Trails ganz für mich allein. Über die Camona Vorab geht es zur Alp Sogn Martin und von dort weiter zur Talstation Plaun. Man merkt, dass die Trails hier unterhalten werden, aber nur so viel wie nötig und es wurde gottseidank nicht alles glattgebügelt. Nach der gemütlichen Tour bin ich schon um 15 Uhr wieder zurück im Hotel und mache es mir mit einem Bierchen im Garten bequem.
 
 
Dies müsste ich öfters mal machen in den Ferien, so ein gemütlicher Tag, wo ich nicht erst spätabends todmüde ins Hotel zurückkomme. Aber irgendwie habe ich immer das Gefühl etwas zu verpassen, wenn ich nicht jeden Tag eine grosse Tour fahre. Der Wellnessbereich das Hotel Cresta muss seinesgleichen weit herum suchen. Im weitläufigen Garten findet man seine Ruhe, kann gemütlich in der Sonne liegen und immer mal wieder ins Wasser hüpfen. Neben dem Schwimmbecken mit diversen Sprudelmöglichkeiten hat es mir der Naturschwimmteich besonders angetan. Das Wasser ist unbehandelt und nicht geheizt, eine supererfrischende Sache nach der Sauna oder dem Dampfbad. Zum Abendessen gibt es neben dem obligaten Käseplättchen heute auch noch ein grosses Dessertbuffet, ich lasse es mir schmecken und komme bestimmt wieder.
 

4 Comments

  1. IBEX73 sagt:

    Wie immer ein saugeiler Beitrag+eine 1A Unterkunft!

  2. smon sagt:

    Sehr schöni Gschicht! Wunderbar. I bi denn nid witwäg gsi vo dir 😉
    https://www.freyluft.ch/2019/07/29/ducanfurgga/

    PS: i ha dini Page uf mire verlinkt 😉 i hoffe das passt. Chasch mini gärn ou uf dire verewige.

    LG Schynige Platte Smon

  3. ROTSCHER sagt:

    Es muss nicht immer Vollgas Action sein. Auch ein entspannter Tag mit viel Entspannung oder nur eine gemütliche Runde mit viel Genuss können erfüllend sein. Aber ich weiss wie es ist, ich leide auch unter dem steten Drang etwas zu unternehmen, auf das Bike zu sitzen, das Gefühl haben etwas verpasst zu haben. Ich bin am lernen 😉
    Übrigens, die Impressionen von der Segnastour sind super. In dieser Form ergeben sie sich nur mit nassen Füssen 😁

    • Sven sagt:

      Hehe, schön geht es nicht nur mir so 😄 … ich kann den Blick vom Liegestuhl auf die Berge erst so richtig geniessen, wen ich vorher einen solchen befahren habe. Einen ganzen Tag lang nur herumliegen, während einem dabei die Gipfel rundherum anlächeln, das halte ich kaum aus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert