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Evolèna Trails

5. April 2019
Mont Avril
29. März 2019
Sternstunde
14. April 2019
Mont Avril
29. März 2019
Sternstunde
14. April 2019
 
Zurück vom Val de Bagnes blieb mir zu Hause gerade genügend Zeit um die Klamotten zu waschen und das Bikeequipment wieder in Ordnung zu bringen, bevor es erneut ins Wallis ging. Mit dem Val d'Hérens war das nächste mir unbekannte Seitental an der Reihe, wo drei schöne Biketouren auf mich warteten. Das Hotelangebot war leider etwas spärlich und so mietete ich mir kurzerhand in Evolène eine Ferienwohnung. Vorbei an den berühmten Erdpyramiden von Euseigne fahre ich das Tal hinauf und fühle mich in dem malerischen Evolène gleich in eine andere Zeit zurückversetzt. Am nächsten Morgen geht es bereits wieder hinunter ins Rhonetal, da Tina und David zum sonntäglichen Hörnerreigen vorbeikommen. Am zweiten Tag sind dann endlich die Evolèna Trails an der Reihe. Der heutige Gipfel liegt quasi vor der Haustür und dementsprechend gemütlich kann ich es am Morgen angehen. Von den Zweiheimischen weiss ich, dass der antike anmutende Sessellift auch Hunde und Bikes mitnimmt. Perfekt, so kann ich mir die ersten 700hm Aufstieg ersparen und rolle nach dem Morgenessen zur Talstation hinüber. Ich bin etwas verwundert, denn an den Sesseln kann ich keine Möglichkeit zum Einhängen der Bikes entdecken und frage extra nochmals nach. Transporté bicyclette? Oui bien sûr ist die Antwort und das Bike wird mir abgenommen. Ich setzte mich auf den Sessel und beim nächsten stoppt der Angestellt die Anlage um mein Bike aufzuladen. Die dabei angewandte Methode ist recht rustikal, das Hinterrad wird unter dem Bügel festgeklemmt und ab geht die Post.
 
 
Über Alpwiesen und ein paar Häuser hinweg schwebe ich nach oben und blicke bei jedem Mast voller Sorge zurück, da es dabei jeweils heftig rumpelt. Die rustikale Transportmethode scheint aber zu verheben und mein 301 kommt heil oben an, nur das auf dem Metallbügel aufliegende Unterrohr hat ein paar Scheuerspuren abbekommen. Ich schwinge mich in den Sattel und fahre los, durch das Evolèner Skigebiet geht es nach oben und ich kann bereits einen ersten Blick auf den heutigen fast 3000er erhaschen.
 
 
Weiter unten lassen sich ein paar Einheimische die saftig grünen Alpwiesen schmecken und ich komme schon bald zu einem haushohen Holzkreuz mit Blick auf den Pas de Lona, dort werde ich übermorgen unterwegs sein. Auf der breiten Alpstrasse gewinne ich zügig an Höhe und hab zu meiner Linken freie Sicht auf den morgigen von Gletschern umgebenen Gipfel, da freu ich mich jetzt schon drauf.
 
 
Bei der Bergstation des Skiliftes ist Schluss mit Fahren und das Bike wechselt auf die Schultern. Das Stück auf den Grat hinauf ist fies steil, dafür wird es mir dann abwärts umso mehr Spass bereiten. Vom Grat aus verläuft der restliche Weg zum Gipfel auf einem gut begehbaren Weg und schon stehe ich oben vor dem metallenen Inri.
 
 
Bis zur magischen Grenze fehlen noch 3m, aber auf den Steinen stehend und das Bike über den Kopf haltend knacke ich sie doch noch. Von hier oben kann ich auf die Grande-Dixence Staumauer hinunterschauen, mit 285m ist sie das höchste Bauwerk der Schweiz und die höchste Gewichtsstaumauer weltweit. Als kleiner Knirps war ich die Mauer mit meinen Eltern einmal besichtigen und wir liefen durch die Stollen im Innern.
 
 
Der Gipfel liegt auf der Gratlinie welche das Val d'Hérémence vom Val d'Hérens trennt und ich kann von hier aus in beide Täler hinunterblicken. Die grosse Runde durch beide Täler und über den Col de Riedmatten möchte ich gerne bei meinem nächsten Besuch hier unter die Räder nehmen. Leider ist der Himmel heute nicht ganz wolkenlos und ein Grossteil der Unterwalliser Bergwelt, welche man sonst von hier aus sehen kann, versteckt sich hinter den Wolkenfetzen.
 
 
Die Abfahrt bis zum Grat hinunter ist nicht wirklich anspruchsvoll und gestaltet sich spassig, stets dabei im Blick der Lac de Dix. Danach wird es im Steilstück mit den vielen engen Kehren etwas technischer, bevor ich es über die kleine Hochebene wieder rollen lassen kann. Beim Blick nach oben sehe ich viel Eis und schroffer Fels, von dieser Seite aus sieht es recht gefürchig aus und dort möchte ich morgen hin.
 
 
Weiter unten treffe ich auf ein paar Locals, die muskelbepackten Eringerkühe sind eine eindrucksvolle Erscheinung und der ganze Stolz der Walliser Bauern. Hier würde es den Besitzern nie in den Sinn kommen den Kälbern die Hörner zu entfernen. Gegenüber Menschen ganz friedlich, tragen die Tiere untereinander beim ersten Aufeinandertreffen brutal wirkende Rangkämpfe aus. In der Arena haben diese Kuhkämpfe im Wallis eine lange Tradition und sind zu einer regelrechten Touristenattraktion geworden.
 
 
Zurück bei der Bergstation des Sesselliftes schreit die Sonnenterasse förmlich nach einer Pause, da kann ich nicht wiederstehen. Ich bestelle ein kühles Panaché und mache es mir im Liegestuhl gemütlich. Rast mit Aussicht ist hier das Motto, besser als jedes Sonnenbad am Strand. Die Dent Blanche glitzert im Sonnenlicht und die Spitze des Matterhornes gückselt daneben auch hervor.
 
 
Nach dem zweiten Panaché sattle ich mein Alupferdchen wieder und mache mich an die Abfahrt. Der Trail ist top, mit viel Flow geht es über die Alpwiesen talwärts. Später tauche ich in den Wald ein und es kommen jede Menge Wurzeln und Steine dazu, so gefällt es mir. Hier bereitet ausnahmsweise einmal der untere Teil mehr Fahrspass als die Wege obenrum am Berg.
 
 
Direkt unterhalb Evolène komme ich aus dem Wald hinaus und es trennen mich nur noch ein paar Pedalumdrehungen von der Ferienwohnung. Auf dem Balkon setzt ich mich mit einem leckeren Sierrvoise in die Sonne und peile über den Flaschenhals nochmals den heutigen Gipfel an. Die heimischen Braumeister verstehen ihr Handwerk, das Bier mit der dezenten Zitrusnote mundet vorzüglich.
 
 
Nach dem Sonnenbaden auf dem Balkon schlendere ich noch etwas durch Evolène. Hier fühlt man sich in eine andere Zeit zurückversetzt, wie auf alten Postkarten. Der Ort wurde nicht umsonst schon mehrfach zum schönsten Dorf der französischsprachigen Schweiz gekürt. Bausünden wie andernorts sucht man hier vergebens und der Dorfkern besteht noch fast komplett aus den alten typischen Walliser Holzhäusern.
 
 
Schade dass dieses schöne alte Hotel geschlossen ist, sonst hätte ich mich gerne dort einquartiert. Aber auch eine Ferienwohnung hat durchaus ihre Vorzüge, man kann zum Beispiel gemütlich in den Trainerhosen zu Abend essen. Anstatt lange zu kochen gibt es heute Raclette bis ich fast platzte, so muss das sein im Wallis, hüeru güet. Ich hoffe nur dass der Käseklumpen bis morgen verdaut ist, sonst wird das ein schwerer Aufstieg. Prophylaktisch genehmige ich mir noch ein kleines Verdauungschnäpschen bevor es in die Heia geht.
 

6 Comments

  1. michi220573 sagt:

    Evolène steht auf meiner Liste für August, aber anders ;o)

    Sehr schöner Beschrieb wieder mal. Und toll, dass jetzt in kurzen Abständen immer neue Tourenberichte kommen

    • IBEX73 sagt:

      Er muss ja langsam fertig werden,die neue Saison/TicinoDays steht/stehen schliesslich vor der Türe…..wobei die Cimetta grad wieder ziemlich Weiß gepudert ist…..es ist zum aufregen!
      Gutes Bild auf die Westwand der Sternstunde! Sieht von oben ja auch schon recht garstig aus….da wäre ich wirklich zu gerne mit Dir hoch!!! Der Ersatzplan war aber auch nicht schlecht,odddrrr?

    • Sven sagt:

      Top, war fast noch etwas spektakulärer unser Ersatzzahn, beim Bikeabseilen bekommt BBS eine ganz neue Bedeutung 😂
      Passt schon, bis zu den Ticinodays sollte der Puderzucker wieder weg und alle 18er Erlebnisse verbloggt sein.

      @Michi: Die Abfahrt von der Bergstation nach Evolène wäre sicher auch noch etwas für dich, vorausgesetzt du vertraust dem Transportsystem 😀

  2. Ventoux sagt:

    Deine Berichte zeigen einmal mehr, dass das Wallis für wahre Bikenthusiasten locker mit den Destinationen weiter östlich mithalten kann. Da hast Du ja ziemlich Gas gegeben und viel Neues und Unbekanntes erforscht. Gefällt mir sehr, und es gibt noch viiiel mehr zu sehen… 😉 Ich freue mich darauf, bald wieder im Wallis rumzudüsen.

    • Sven sagt:

      Oh ja und nicht nur mithalten, es hat sogar bei Touren wie wir sie lieben oft die Nase vorn. Freue mich ebenfalls schon auf neue (gemeinsame) Entdeckungen in diesem Sommer 😉

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