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Riedmatten spécial

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Nachdem ich dort vor zwei Jahren mit der Sternstunde eine meiner schönsten Biketouren gefahren bin, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich dem Tal der Kampfkühe erneut einen Besuch abstatte. Nach den Tagen in Pontresina ist es jetzt wieder soweit und ich mache mich auf den Weg nach Evolène, wo ich am Ausgang des pittoresken Dorfes wieder die gleiche Wohnung wie schon beim letzte Mal gebucht habe. Der Col de Riedmatten steht schon lange auf meiner Wunschliste, aber auf die lange Anfahrt von Evolène aus habe ich keine Lust. Da muss es doch noch eine andere Möglichkeit geben, um ohne den Umweg über Euseigne vom Val d’Hérens ins Val de Dix zu gelangen. Beim studieren der Karte entdecke ich eine Möglichkeit, etwas verrückt und keine Ahnung ob es klappt, also genau mein Ding.
 
 
Ich starte am Morgen in Arolla, welches in den Pioniertagen des Alpinismus aufblühte und heute etwas von seinem einstigen Glanz verloren hat. Symbolisch dafür steht das 1865 erbaute Hotel Mont Collon, welches seine beste Zeit definitiv hinter sich hat und hier im Schatten des weiss strahlenden Pigne d'Arolla steht. Den fahrbaren Teil durch das Skigebiet kenne ich bereits von der Sternstunde her und erreiche bald darauf diese schöne Alp mit Blick auf den Mont Collon. Nach einer kurzen Schiebestrecke kann ich weit oben schon das nächste Etappenziel sehen und hänge mein 301 am Hookabike ein.
 
 
Von nun an geht es zu Fuss weiter, der Pfad ist nicht mehr durchgehend als solcher erkennbar, aber die blauweissen Markierungen weisen mir den Weg. Im ehemaligen Bett des Gletschers wandere ich neben den Roten Nadeln aufwärts, welche von dieser Seite aus ohne ihre charakteristischen Spitzen kaum wieder zu erkennen sind. Auf der Seitenmoräne führt der Weg immer weiter nach oben, ich habe mittlerweile die 3k-Grenze überschritten und nur noch ein letzter steiler Schlussanstieg trennt mich von dem hochalpinen Übergang.
 
 
Tief unter mir die Steinwüste welche ich soeben durchwanderte habe und in der Ferne sticht das Weisshorn heraus. Bamm, da ist er wieder, einer dieser unbeschreiblichen Momente, als ich den Pass erreiche und sich mir plötzlich der Blick auf die imposante Nordwand des Mont Blanc de Cheilon und die glitzernde Gletscherwelt eröffnet. Das Plätzchen ist prädestiniert für eine ausgiebige Mittagspause und wie schon damals bei der Sternstunde, geniesse ich auch hier das exklusive Sonnenbad auf fast 3200müM in vollen Zügen. Der einst stolze Glacier de Cheilon reichte während der kleinen Eiszeit bis zum heutigen Stausee und ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Umso mehr schätze ich solche Tage, immerhin können wir diesen Anblick noch live erleben, während unsere Nachkommen die Eisreisen wohl nur noch aus den Erzählungen kennen werden.
 
 
Auf dem Felssporn Tête Noire entdecke ich die Cabane des Dix, der Weg zur Hütte führt über die Gletschermoräne und sieht verlockend aus, aber ob man sich dort als Biker viele Freunde macht bezweifle ich. Die Gefahr besteht hier nicht, der Pass ist nur schwach frequentiert und ich komme niemandem in die Quere. Also aufgesessen und rein in das Vergnügen vor dieser traumhaft schönen Kulisse. Der schottrige Hang ist grenzwertig steil und es ist vor allem im obersten Teil mehr ein Rutschen als Fahren. Schon bald kommt mit dem Lac des Dix dann auch der grösste Stausee der Schweiz in Sicht.
 
 
Das Vergnügen währt aber leider nicht allzu lang, schon bald werde ich durch ein grosses Blocksteinfeld ausgebremst und das Gelände bleibt auch danach mehrheitlich unwegsam. Tja, der Weg ist auf der Karte wohl nicht grundlos nur gepunktet eingezeichnet, aber hätte ja sein können, denn ganz in der Nähe überraschte ein solcher auch schon mit erstaunlich viel Fahrspass. Die Enttäuschung hält sich aber in Grenzen, solang ich hi und da ein Stückchen fahren kann. Mit sowas muss man halt rechnen, wenn man sich mit dem Bike in unbekanntem Gebiet bewegt, wo kein offizieller Wanderweg eingezeichnet ist.
 
 
Weiter unten im Gletscherbett stosse ich wieder auf den offiziellen Wanderweg und damit auch auf zahlreich Rotbesockte mit Wanderstöcken. Beim Blick nach oben kann ich schon die beiden Pässe Col de Riedmatten und Pas de Chèvres erkennen, welche direkt nebeneinanderliegen. Bis da hinauf sind es zwar nur gut 100 Höhenmeter, aber diese haben es in sich. Was früher vom Gletscher fest an den steilen Hang gepresst wurde, liegt jetzt lose herum und kostet jede Menge Kraft.
 
 
Der Col de Riedmatten ist ein schmaler Einschnitt im Fels mit nur wenig Platz zum Verweilen. Da die meisten Wandere aber den Pas de Chèvres mit seinen spektakulären Leitern und Metallstegen bevorzugen, habe ich auch diesen Übergang ganz für mich allein. Im Winter führt die Patrouille des Glaciers über diesen Pass und ich bezwinge ihn jetzt in der Gegenrichtung mit meinem Sommersportgerät. Gegen Westen blicke ich hinunter auf das Tränenauffangbecken des Glacier de Cheilon und gegen Osten auf einen Trail, der die Vorfreude ansteigen lässt.
 
 
Jetzt geht es nur noch abwärts, der Einstieg ist zwar etwas tricky und nicht fahrbar, aber dann kann ich es endlich rollen lassen. Es erwarten mich goldgelbe Wiesen in der Abendsonne und jede Menge Trails, die immer wieder für eine Überraschung gut sind. Flowige Passagen und tiefe Furchen mit Trampelspuren von Kühen wechseln sich ab, da kommt keine Langeweile auf. Oberhalb Arolla nehme ich dann den Abzweiger in den Wald, wo ich zum Abschluss nochmals einen super Trail über den Nadelteppich serviert bekomme, bevor ich direkt beim Auto wieder auf der Hauptstrasse lande.
 
 
Fazit: Spätsommerwetter vom Feinsten, eine traumhaft schöne Hochgebirgslandschaft und ein bisschen Biken ... aber macht die Tour in dieser Form Sinn? Nein, wenn man Wert auf möglichst viel fahrbare Trails legt, ist sie total sinnbefreit. Wenn man aber das Abenteuer und Herausforderungen liebt, dann kann ein solcher Tag ein superschönes Bergerlebnis sein, auch wenn das Bike dabei die meiste Zeit auf den Schultern verbringt. Überhaupt stört es mich je länger desto weniger, wenn der fahrbare Anteil einmal nur gering ist. Es zählt das Gesamterlebnis und ich betrachte das Bike einfach als ein etwas schwereres Gepäckstück, welches meinen Radius vergrössert und mir den Abstieg (meistens) etwas spassiger gestaltet. Den Col de Riedmatten selbst fand ich jetzt nicht so speziell, dass ich ihn weiterempfehlen würde. Da gibt es definitiv schönere alpine Übergänge, die sich besser für Biketouren eignen.
 

9 Comments

  1. ROTSCHER sagt:

    Riedmatten würde auch auf meiner Liste stehen. Ich hätte ihn aber in die andere Richtung geplant. Wäre das nicht besser? Danach aber zum Stausee, nur schon wegen der grandiosen Mauer. Am Schluss nochmals einige Höhenmeter hinauf und knapp um den letzten Berg.
    Aber deine Variante klingt auch super. Auch diese wäre sicher in die andere Richtung machbar, oder?
    Danke für die tollen Inspirationen 👍

    • Sven sagt:

      Die ersten 100 Höhenmeter auf der Westseite des Col de Riedmatten werden nicht fahrbar sein, ab Punkt 2798 sollte es dann besser werden. Aber das ganze Gebiet westlich das Col de Riedmatten ist Jagdbanngebiet und somit herrscht Bikeverbot, insbesondere auch dem Lac de Dix entlang.

      Ja meine Variante wäre auch in der Gegenrichtung machbar, aber ob sie damit sinnvoller wird lasse ich jetzt mal dahingestellt 😂
      Die Abfahrt vom Pass durch das Gletscherbett müsste eigentlich bis auf das Steinfeld im unteren Teil grösstenteils fahrbar sein und wenn noch genug Körner vorhanden sind, könnte man danach auch noch die Cabane und den blauen See anhängen 😉

  2. Spoony sagt:

    Das wird hier definitiv zum Wanderblog auch wenn die tollen Bikebilder darüber hinwegtäuschen. Faszinierend wo du das Bike mitnimmst! Danke für den Bericht und die tollen Fotos.

  3. IBEX73 sagt:

    Hoi Junior,Chapeau,da ziehe ich den Helm…..saugeile Tour! Eine währschafte Ibex-Runde,die ich noch nicht auf dem Radar hatte (und vermutlich auch nimmer brauche…)
    Danke fürs Mitnehmen+Zeigen.
    P.S. Hinter dem Collon gehts noch weiter..

  4. Ventoux sagt:

    Einmal mehr ein super Bericht mit herrlichen Bildern aus dieser grandiosen Bergwelt, merci. Die Einsamkeit zuhinterst im Val d’Arolla durfte ich ja auch schon geniessen.

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