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Hoch überm Chablais

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Wie immer im Sommer sind die Bikeabenteuer zahlreich und die Beiträge hier spärlich. Die Regentage kommen da fast wie gerufen, um wieder mal etwas zu berichten und mit dem Rest versüsse ich euch dann den dunklen Winter. Am Anfang meiner Augustferien war leider keine stabile Schönwetterlage in Sicht, da musste eine Tagestour her. In der Westschweiz war ich schon länger nicht mehr, also mein gelbgrünes Fröschchen frühmorgens ins Auto verladen und losgefahren. In Evionnaz schwinge ich mich aufs Bike und rolle der Rhone entlang nach Saint-Maurice, wo der lange Aufstieg beginnt. Die 29 Kehren kenne ich noch von meiner Tour zum Croix de Javerne und nach der letzten Kurve stehe ich vor der stillgelegten Festung Dailly. Das Festungsgebiet Saint-Maurice gehörte zusammen mit Sargans und dem Gotthard zu den drei grossen Festungsanlagen im Reduit-Verteidigungsdispositiv und unzählige Stollen durchziehen hier den Berg. Dank dem Militär kann ich auch die restlichen der 1800 Höhenmeter bis zur Cabane de la Tourche auf einer befestigten Strasse zurücklegen. Der Aufstieg ist lang und nicht besonders abwechslungsreich, dafür bietet er einen wunderschönen Blick ins Waadtländer Chablais.
 
 
Bei der Cabane ist für mich aber heute noch nicht Schluss, das Bike wird am HookaBike eingehängt und ich setzte den Weg nach oben zu Fuss fort. Zuerst führt dieser im Zickzack über Alpwiesen, es folgt eine in den Fels gehauene Querung und schliesslich erwartet mich noch eine steile Geröllhalde, die es zu bezwingen gilt. Mit kleinen Schritten kraxle ich empor, immer drei Schritte vor und wieder einen zurück.
 
 
Oben angekommen kann ich schon den Gipfel sehen, zu welchem ein alter Militärweg führt. Die Festungsanlagen scheinen sich bis hier hinauf zu ziehen, wie man an den in den Fels gehauenen Unterkünften sehen kann. Ich stelle mir das nicht sonderlich gemütlich vor, hier oben tagelang in den zügigen Bretterverschlägen ausharren zu müssen.
 
 
Ich gehe noch etwas weiter vor in Richtung Pass, wo ich die beiden Morchelzähne und den schwarzen Kopf direkt vor mir habe. Auf dem grösseren der beiden Zähen war ich ja letztes Jahr mit Ibex-Tours und kann ihn jetzt so nochmals aus einer anderen Perspektive betrachten. Mir fallen dabei sofort die verschiedenfarbigen Gesteinsschichten auf, welche sich wie Bänder durch den Fels ziehen.
 
 
Für die wohlverdiente Pause setze ich mich oben auf der Spitze in die Sonne, die Aussicht auf das Chablais ist sensationell. Vom Genfersee bis zur Walliser Grenze erstreckt sich unter mir das breite Tal mit der durch Menschenhand gebändigten Rhone. Die Dents du Midi gegenüber verstecken sich leider etwas in den Wolken, aber halb so schlimm, diese wollen wir uns eh einmal noch aus der Nähe ansehen.
 
 
Von hier oben kann ich auch die steile Geröllhalde sehen, wo ich kurz zuvor noch hochgekraxelt bin. Bei dem Anblick steigt die Vorfreude auf die Abfahrt, aber zuerst lass ich hier auf meinem Logenplatz noch etwas die Seele baumeln und verputze den mitgebrachten Thonsalat. Der Aufstieg von unten her war nicht ganz ohne, da darf die Mittagspause ruhig auch mal etwas länger ausfallen.
 
 
Jetzt geht es aber los, etwas Luft ablassen und aufgesessen, der Spass kann beginnen. Von der Spitze weg fahrbar, stehen mir nun fast 2200 Höhenmeter Abfahrt bevor. Dank den militärischen Trailbauern kommt beim erste Stück bis zur Geröllhalde ordentlich Tempo auf und die Steine knallen gegen Plastikfelgen, während ich auf die letzten verbliebenen Schneereste zusteuere.
 
 
Durch das Geröllfeld geht es dann wieder etwas gemächlicher zu, wegen dem rutschigen Untergrund und auch wegen den Wandersleut. Trotz Rücksichtnahme meinerseits ernte ich nicht nur nette Blicke, lasse mir den Spass aber dadurch nicht verderben. Bei der Querung steige ich dann zwecks eigener Sicherheit lieber kurz ab, bevor es im Zickzack über die Alpwiesen zur Cabane hinuntergeht.
 
 
Den Grat welcher mich da so schön anlächelt, lasse ich heute aus. Ich habe ihn schon bei meiner Tour zum Croix de Javerne befahren und möchte diesmal in die andere Richtung abfahren. Beim Aufstieg noch leer, sind die saftig grünen Wiesen jetzt durch unzählige Schafe bevölkert. Heute ist anscheinend Alpauftrieb und ich beneide die Vierbeiner ein wenig um ihre Geländegängigkeit, scheinbar mühelos rennen sie Hänge rauf und runter.
 
 
In der Cabane gibt es erstmal einen kühlen Eistee, bevor ich den Rest der Abfahrt in Angriff nehme. Vor der Hütte sind die Hinterlassenschaften der jahrelangen Militärpräsenz aufgereiht. Es hat auch überall Schilder, welche darauf hinweisen, dass man in der Gegend auf Blindgänger stossen kann und diese nicht anfassen solle. Ein letzter Blick zum heutigen Gipfel des Tages und dann geht es weiter in Richtung Rionda.
 
 
Ich habe immer noch gut 1600 Höhenmeter vor mir und diese lassen mein Bikerherz höherschlagen. Unter den Morchelzähnen hindurch geht es in den Wald hinein, steil und geil, der Trail nimmt kein Ende mehr, bis ich unten in Collonges mit weichen Armen und Beinen ausrolle. Der Start in die Augustferien war super und die unscheinbare Tour wusste zu begeistern. Das Glück hält auch auf der Heimfahrt noch an, kein Stau und freie Bahn, das habe ich schon ewig nicht mehr erlebt.
 

9 Comments

  1. Davut sagt:

    Hoi Sven,
    Du überraschest mich immer wieder positive mit deinen Berichten & Wunderschönen Landschaft Bilder, manchmal frage ich mich woher findet Sven die grandiose Gegend! Tolles Bericht mach weiter so….

    Übrigens lange haben ich Gedanken gemacht warum wir immer noch in der Schweiz Militär haben und deswegen viel Geld aus dem Fenster rauswerfen, nun ist mir klar geworden warum „Dank dem Militär kann ich auch die restlichen der 1800 Höhenmeter bis zur Cabane de la Tourche auf einer befestigten Strasse zurücklegen“
    Gruss Davut

    • Sven sagt:

      Hoi Davut, wenn ich unterwegs bin halte ich jeweils Ausschau nach Tourenalternativen und lasse mich durch Bilder und Tipps von anderen Bikern inspirieren. Im Winter ist dann Kartenstudium und Internetrecherche angesagt, damit für den Sommer wieder genügend neue Touren bereitliegen.

      Das ist so, dem Militär verdanken wir vielerorts im Gebirge die befestigten Wege. Als ehemaliger Zivildienstleistender stelle ich das Militär in seiner heutigen Form jedoch auch in Frage, bin aber nicht für eine komplette Abschaffung.

  2. blackCoffee sagt:

    Hey Sven, super Tour.
    Den ersten Teil habe ich auch schon lange im Köcher.
    Den letzten Teil der Abfahrt (nach Collonges) habe ich kürzlich gemacht. Top!
    Könnte man statt zur Cabanne auch über den Col Des Martinets?

    Herzliche Bikergrüsse aus dem Val Stura

  3. ROTSCHER sagt:

    Einfach Hammer-Aussicht 👍 Diese Gegen steht schon auf meiner Liste. Habe es bis jetzt leider noch nicht bis zur Cabane geschafft. Aber jetzt weiss ich auch, dass die Zusatzschlaufe zum Gipfel unbedingt eingebaut werden muss. Oje, das wird ja wieder eine dieser Megatouren mit endlosen Höhenmetern 😁

  4. Ventoux sagt:

    Einmal mehr ein superschöner Bericht, mit herrlichen Bildern. Merci…

  5. René sagt:

    Hallo Sven
    Wir haben gestern die Tour ohne den Aufstieg zum Gipfel gemacht. Es ist wirklch eine hammer Gegegend und der Trail runter ist also genial. Vielen Dank für den Tipp.

    • Sven sagt:

      Hoi René, es freut mich, dass ich euch mit dem Bericht zu der Tour inspirieren konnte und ihr Spass hattet. Die andere Richtung zum Croix de Javerne würde sich für ein anderes Mal auch noch anbieten 😉

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