
Schleckeis d’Arolla
30. Januar 2025Wieder mal ins Val de Bagnes wollte ich schon den ganzen Sommer über, aber die Unwetter hatten leider auch diese Gegend hart getroffen und der obere Teil des Tales war ganze zwei Monate von der Aussenwelt abgeschnitten. Ein paar Tage nach Wiedereröffnung der Strasse machen Rotscher und ich uns darum auf nach Fionnay, um endlich einmal wieder gemeinsam die Bikes etwas durch die Gegend zu tragen. Die Ausmasse der Verwüstung sind immens, der Schuttkegel des Murgangs hat ganze Häuser unter sich begraben, so etwas habe ich noch nie gesehen. Wir sind wohl die ersten Gäste hier in dieser Sommersaison und werden von den Bellwalds freundlich empfangen. Man merkt ihnen an wie sie sich freuen, endlich wieder Gäste bewirten zu können. Am nächsten Morgen pedalieren wir los, bis hinauf zur Staumauer, wo der fahrbare Anteil dann auch schon zu Ende ist. Zeit für eine erste kleine Stärkung und für ein Foto mit unseren aktuellen und zukünftigen Bikes.
Für die nächste 1000 Höhenmeter ruhen nun die Bikes auf den Schultern und wir können den Lac de Mauvoisin schon bald von oben betrachten. Der Stausee ist der zweitgrösste der Schweiz und besitzt mit 250m die höchste Bogenstaumauer Europas. Über dem See strahlen weiss die Gipfel von Mont Blanc de Cheilon und La Ruinette, welche ich ein paar Wochen zuvor noch von der anderen Seite aus bestaunt habe. Über Treppen, Stock und Stein geht es aufwärts und weit oben können wir schon den vermeintlichen Pass erkennen.
Rotscher ist der erste der die beiden markanten Hörner entdeckt und als wir die Anhöhe erreichen, werden es immer mehr. Ein ganzes Rudel dieser majestätischen Tiere lässt sich hier oben die Sonne auf den Pelz scheinen und wir tun es ihnen gleich. Stein an Stein mit Famillie Ibex, schöner könnte die Mittagspause nicht sein. Wir können unser Glück kaum fassen, solche Erlebnisse sind etwas ganz Besonderes, da haben wir heute mal wieder den Jackpot geknackt.
Wir können uns kaum mehr losreisen von diesem Plätzchen, aber irgendwann sitzen wir dann doch auf und rollen los. Die Farbe des Gesteins wechselt von Grau zu hellem Oker und dann stehen wir plötzlich auf dem Col des Otanes, dieser befindet sich nämlich erst hier, jedenfalls laut Wegweiser. Dabei erblicken wir auch zum ersten Mal das grosse Schleckeis und zu dem hinunter führt ein genialer Trail. Rotscher kommt kaum mehr aus dem Schwärmen heraus, wie gut sich das neue Bike fährt.
Ein Knaller folgt auf den nächsten, auch der Moränentrail lässt unsere Herzen höherschlagen und führt uns direkt zum leckeren Kuchen in der Cabane François-Xavier Bagnoud. Für die Hüttenwarte bisher eine Saison zum Vergessen, da wegen der Strassensperrung kaum Gäste in das obere Val de Bagnes kamen. Die Liegestühle vor der Hütte toppen jeden Strandurlaub und wir hätten am liebsten gleich hier oben Übernachtet, da der Sonnenunter- und Aufgang hier super sein muss.
Der Glacier de Corbassière hat seinen Ursprung am Nordhang des Grand Combin und ist mit 9.6km der längste Gletscher im Unterwallis. Mit vollem Bauch satteln wir anschliessend wieder unsere Pferdchen und das Trailfeuerwerk geht weiter. Der Weg über die Moräne ist ein Traum und bietet Fotosujets am laufenden Band, alles Rotscher, das antiquierte Knackville und die neue Kohle laufen wie geschmiert.
Vor den Augen der Gletscherschliff und unter den Reifen dessen Geschiebe, die Kehren lassen unser Grinsen immer grösser werden. Schliesslich erreichen wir einen Abzweiger. Links geht es über die Hängebrücke zur Cabane Brunet, aber dort war ich vor ein paar Jahren schon und wir wählen darum die Variante auf der rechten Seite, welche uns auf direktem Weg zurück nach Fionnay bringt.
Mit schwindender Höhe kehrt die Farbe Grün langsam zurück. Der Weg führt uns der Bisse de Corbassière entlang durch diese wunderschöne Gebirgslandschaft, vorbei an Schafweiden und Hütehunden, die sich zum Glück auf der anderen Zaunseite befinden. Lediglich eine Metalltreppe zwingt uns kurz zum Absteigen. Die alte Suone wurde im Jahr 2010 komplett renoviert und führt seit dann auch wieder Wasser.
Wir erreichen Vers le Grenier, noch ein letzter Blick hinauf zur Cabane und zum Grand Combin und dann geht es auch schon los. Nun wird es steil, was noch spassig beginnt wird schon bald zur Rutschpartie. Da es die vergangenen Tage viel geregnet hat und der Hang auf der Schattseite liegt, sind die Steine und Wurzeln noch nass. In trockenem Zustand wäre der Weg ein Technikschmankerl, aber so kapitulieren wir immer wieder und begehen etliche Passagen zu Fuss. Dafür wird es dann beim Spielplatz am Dorfeingang nochmals umso spassiger, die Kletterwand kann ich natürlich nicht einfach so links liegen lassen.
Zurück in Fionnay gibt es das wohlverdiente Bierchen und nach dem Zweiten spriessen dann auch schon die Ideen für zukünftige Abenteuer, für hochtragende Abenteuer, aber dazu später vielleicht einmal mehr. Unser Zimmer oder besser gesagt unser kleines Chalet im Le Mazot ist sowas von schön und die Bellwalds sind Gastgeber mit Herz und Seele. Zum Abendessen gibt es ein Steinpilzfondue zum Niederknien, der perfekte Abschluss für einen solchen Tag. Die Touren mit dir Rotscher zählen einfach immer wieder zu den Besten und diese ist definitiv das Saisonhighlight. Heute hat einfach einmal wieder alles gepasst, die grandiose Hochgebirgslandschaft, Gletscher, super Trails und das Treffen mit dem König der Alpen, da sind die paar unfahrbaren Passagen ganz schnell wieder vergessen.
Die infolge der Strassensperrung fehlenden Touristen waren unser Glück, denn sonst ist die Gegend rund um die Cabane François-Xavier Bagnoud bei Wanderern äusserst beliebt. Leider wird aber auch diese Tour wohl schon bald im Hochglanzmagazin verhurt werden, was zwangsläufig zu Konflikte auf den schmalen Wegen führen wird und der Akzeptanz von uns Bikern sicher nicht zuträglich ist.
Am zweiten Tag nehmen wir uns den Aprilberg vor, wo ich vor vielen Jahren auch schon einmal oben war. Aber heute bin ich nicht so richtig in Form, im Hals kratzt es und es bläst uns ein eisiger Wind entgegen. Darum ist dann für mich auch schon auf dem Fenêtre de Durand Schluss, währende Rotscher der harte Hund den Gipfel trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt erklimmt. Den Bericht dazu findet ihr HIER in seinem Blog.
2 Comments
Danke für den Post (und die tollen Bilder) aus dem schönen Val d. Bagnes….Apropos Hochglanzheftchen: Sie rufen gerade zur Bewertung auf G***le auf…..Vielleicht würden ein paar kritische Bewertungen & Kommentare die Statistik um ein paar Ausreisser ergänzen…;-)
Ohhhh, richtig cool. Ich erinnere mich immer so gerne an diesen Tag mit all den super Erlebnissen und Entdeckungen. Bei meiner dürftigen hochalpinen Saison sicher auch ein Volltreffer. Und tolle Fotos mit dem Schleckeis, einfach eine herrliche Kulisse.
Ich freue mich schon auf weitere gemeinsame Schleppertouren 😁 … dann jedoch mit dem silbergrünen Aluesel😏. Wie du schreibst, es sind immer unvergessliche Tage zusammen.
Übrigens … immer schön trainieren für unsere kommenden Tourenideen …